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Kirche St. Peter und Paul

 

Gesamtansicht

 

DIE KIRCHE ZU LEERSTETTEN

Die Leerstetter Kirche war anfangs wahrscheinlich nur eine Wallfahrtskapelle, die vergleichbar mit dem heutigen Gebäude nur etwa den Chorraum umfasste. Wann genau diese erste Kirche in Leerstetten erbaut worden ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Erstmals urkundlich gesicherten Boden bezüglich der Kirche von Leerstetten betreten wir im Jahr 1313, als das Dorf „15 Sumer Weizen" und „1 Pfund Haller" als Zehnt an das Kloster Ebrach zu zahlen verpflichtet war.

 

Die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß, dass Leerstetten aber schon im Jahr 1212 zusammen mit der Pfarrei Schwabach dem Kloster zugeordnet worden war.

Turmansicht von der Kulturscheune her gesehen

Absolut sicher ist nur, dass die mittlere der drei Kirchenglocken die Jahreszahl 1398 trägt. Man kann wohl annehmen, dass jedenfalls eine ausreichend große Kirche bestand, als Leerstetten am 4.April 1372 eine eigene Pfarrei wurde. An diesem Tag bestellte Bischof Raban von Eichstätt für die drei Dörfer (Furth und Großschwarzenlohe) der Filialkirche Leerstetten einen ewigen Priester, der vom Kloster Ebrach aus eine gewisse Grundversorgung erhielt. Die darüber hinaus nötigen Mittel für die Pfarrstelle mussten die Gemeinden selbst erbringen. Die Kirche war den Aposteln Petrus und Paulus geweiht. Unklar bleibt, wann, wie und von wem der Weiheakt vollzogen worden ist. Als Kirchweihsonntag wird der Sonntag nach Bartholomäi (24. August) gefeiert.

 

Im Laufe der Jahre waren an der bestehenden Kirche zahlreiche Reparaturen notwendig, kein Bau für die Ewigkeit sondern eine „ewige Baustelle". Um die Mittel hierfür sowie für die Anschaffung von Messbüchern, Kelchen und sonstigen kirchlichen Ausstattungsstücken damals aufbringen zu können, erwirkte der Inhaber der Pfarrei Leerstetten, "Magister" Peter Engellant im Jahre 1486 durch eine Bittschrift oder eine Reise nach Rom einen, freilich nur spärlichen Ablass von zehn Kardinälen zugunsten seiner Kirche. Den Gläubigen wurde für ewige Zeiten" versprochen, dass sie, falls sie am Tage des Apostels Petrus, am Palmsonntag, zu Ostern, zu Pfingsten und am Kirchweihsonntag von der ersten bis zur zweiten Vesper die Kirche "frommen Sinnes" besuchten sowie zu besagtem Zweck „hilfreiche Hand arreichten", alljährlich an jedem einzelnen der genannten Festtage jeweils 100 Tage Ablass erhalten würden.

Ansicht von Süden

 

Im Jahr 1586 wurde der obere Teil des Kirchturmes erneuert. Die beiden durch Wasserschlaggesimse getrennten Obergeschosse des Turmes wurden abgetragen und neu aufgemauert. Leider verwendete man dazu keine Sandsteine mehr, sondern große Ziegel. Das war, soweit das heute rekonstruierbar ist, der große Sündenfall, denn von nun an wurden Sandstein und Ziegel kunterbunt durcheinander verbaut. Alle nachfolgenden Generationen waren nun gezwungen, die Kirche farbig zu überschlämmen. Die bei der letzten Außenrenovierung 1991/92 so dringend gewünschte Wiederherstellung der Sandsteinsichtigkeit konnte darum nicht realisiert werden.

 

Nur rund 100 Jahre später, 1698/99 wurde die inzwischen wieder baufällig gewordene Kirchturmspitze abgetragen und neu erbaut. Trotzdem schien der 154 Fuß hohe Turm der Leerstetter Kirche noch des öfteren reparaturbedürftig gewesen zu sein. So wendete man bereits 1762 wieder 631 fl. 18 kr. für seine Instandsetzung auf.

Orgel von der Empore aus

Im Jahr 1732 wurde das Langhaus der Kirche vergrößert und nachgotisch verändert.

Barocke Fresken, die anlässlich der großen Außenrenovierung 1991,92 an der Südwand gefunden Wurden, müssen aus dieser Periode stammen.

 

1738 wurde die erste Orgel eingebaut, die 1835 durch eine „Bittner-Orgel" ersetzt wurde.

 

In den Jahren 1835 bis 1843 wurde die Kirche einer umfassenden Restauration im Innern und im Äußern unterzogen. Die frühere Spunddecke wurde in ein Spitzbogengewölbe umgewandelt, eine weitere Empore eingebaut. Altar, Kanzel und Taufstein wurden neu gefertigt und die äußere Kirchenfront wurde mit neuer gotischer Verzierung versehen. 

 

Detail des Westgiebels

 

Der Westgiebel wurde völlig neu aufgebaut und mit Türmchen und Arabesken versehen, die vorhandenen Fenster wurden tiefer herabgezogen. Auch eine neue Sakristei baute man an. Das ganze, von Konservator Dr. Heideloff (1789‑1865), Professor an der Polytechnischen Schule zu Nürnberg geleitete Bauvorhaben verursachte Kosten in Höhe von 8915 Gulden. Der neue Altar, von Bildhauer Rotermundt aus Nürnberg gefertigt, hatte drei Gemälde der königlichen Akademie aus München erhalten

 

Im Zuge dieser Kirchenrenovierung wurde eine Ortsbeschreibung in den Turmknauf der Kirche gelegt, die folgenden Wortlaut hat:

 

"So legen wir denn dieses kurze Dokument zum festen Gewahrsam auf spätere Zeiten in diesen kleinen metallenen Körper nieder, ein Denkmal, welches auf viele Zeiten hinaus hoch in den Lüften über den Häuptern der Einwohner Leerstettens schweben soll. Wir legen es nieder mit dem frommen Wunsche, dass keine feindliche Gewalt der Elemente oder Menschen dieses Behältnis je zerstöre, sondern nur in friedliche Hände der hiesigen Einwohner diese Schrift gelange.

 

Über die Absicht dieser dokumentarischen Hinterlegung schreiben die acht Kirchenverwaltungsratsmitglieder: "Hiermit ist der allgemeine Zustand der Gemeinde und unserer Zeit angegeben. Es bleibt noch vieles in derselben zu wünschen übrig. Wir zweifeln nicht, dass wirklich nach Jahrhunderten es in vielfacher Hinsicht besser wird, vielleicht geht aber auch manches Gute wieder unter. Wir übergeben diesen kurzen Bericht der Nachwelt, sie möge ihre Zeit mit der unseren vergleichen und daraus ihren Fortschritt oder Rückschritt erkennen."

Altar von der Kanzel aus

In der Folgezeit wurde die Kirche im Jahr 1854 vom Münchner Maler Baumann neu ausgemalt und der Chorbogen von dem aus Württemberg stammenden Maler Fuchs mit Frescomalerei versehen. Die alte, aus dem Jahr 1759 stammende Turmuhr wurde 1857 verkauft und für 720 Gulden eine neue angeschafft. Ebenfalls 1857 ist der Fußboden der Sakristei vom Schwamm befallen und muss gegen einen Plattenbelag ausgetauscht werden. 1861 hat der Schwamm auf das Langhaus übergegriffen, das saniert werden muss. 1898 musste wieder einmal der Kirchturm repariert werden, einige Jahre später (1903) wurde die zerrissene Decke des Kirchenschiffes neu überworfen, anschließend die ganze Kirche von Dekorationsmaler Vogelbacher aus Schwabach neu getüncht und bemalt, während der grobe Sprünge aufweisende Chorbogen des Altarraumes ausgebessert und mit eisernen Schleudern an Eisenträgern befestigt wurde, die zugleich als Stütze des Turmes dienten. Die Kosten hierfür betrugen 5626 Mark. Bei der Ausführung dieser Arbeiten konnte die alte Frescomalerei von 1854 nicht erhalten werden. 1904 müssen die Kirchenstühle und die Emporen neu gestrichen werden. 1916 muss die Büttner-Orgel aus den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts durch eine Steinmeyer-Orgel ersetzt werden.

 

Aus dem Jahr1929 werden umfangreiche Arbeiten an den Dächern von Turm und Schiff gemeldet, die letzten vor dem Krieg. Doch bereits 1954 muss der Kirchturm schon wieder neu gedeckt und das Langhausdach umfassend ausgebessert werden. 1955 wird ‑ jedenfalls im Inneren ‑ die neugotische Fassung beseitigt, die Decke und die Unterseiten der Emporen werden mit Holz verkleidet, der Altar ausgebaut, die Bilder in der Sakristei aufgehängt und der Schrein auf einem Dachboden verstaut. 

Altar vom Kirchenraum gesehen

Das Abendmahlsrelief - wohl die Predella eines früheren Altars und damit neben dem Sakramentshäuschen das letzte Überbleibsel der spätmittelalterlichen Kirchenausstattung ‑ wird wieder auf dem Altar aufgestellt. 1961/62 muss erneut ein Teil des Turmes abgetragen und neu aufgemauert werden. 1968 sind größere Instandsetzungsarbeiten in der Sakristei nötig. Für 1972 ist schon wieder eine Kirchendachsanierung zu vermelden. Im gleichen Jahr wird auch eine neue Orgel, diesmal von der Firma Walcker, in Gebrauch genommen. 1974 sind zur Abwechslung wieder einmal Arbeiten am Kirchturmdach nötig. 1977 erfolgt erneut eine umfangreiche Innenrenovierung der Kirche, bei der sie den glücklicherweise wiederherstellbaren gotischen Altar zurückerhält. Das Abendmahlsrelief kommt an seinen jetzigen Platz.

Abendmahlsrelief

 

Aus jedem der folgenden Jahre wäre von kleineren oder auch größeren Ergänzungen der Ausstattung, Erneuerung und ähnlichem zu berichten. Wichtig, und darum hierzu nennen, sind vielleicht der Einbau einer Schwerhörigenanlage, die gleich mit einer Lautsprecheranlage kombiniert wird, 1984 gibt es eine neue Stromversorgung für die Kirche, die es 1986 endlich gestattet, die Heizungsanlage mit voller Leistung zu betreiben. Umgestaltungen in der Sakristei sind 1988 angesagt. 1991/92 erfolgt als bisher letztes eine große und umfassende Außenrenovierung. Wieder müssen das Langhausdach ausgebessert und der Turm völlig neu gedeckt werden. Bei Abnahme der fast einen Meter im Durchmesser betragenden Turmkugel wird festgestellt, dass sie Leerstettenern offensichtlich als Zielscheibe gedient hat. Sie ist von Schüssen förmlich durchsiebt. Die alten Anstriche an der Kirche ‑ bis zu zwölf übereinander ‑ werden vorsichtig entfernt, da bei der vorangegangenen Überarbeitung Kunststoffdispersion verwendet wurde, die die Bausubstanz zu schädigen drohte.

 

Dabei wurden die bereits erwähnten barocken Fresken gefunden und gesichert, mit Japanpapier überklebt und dann mit Farbe überstrichen. Nur über dem neu geschaffenen seitlichen Eingangsbereich durfte eine freie Nachzeichnung, die aber keinerlei Eindruck von der Schönheit des darunter liegenden barocken Originals zu geben vermag, aufgezeichnet werden. Neuer Eingang im SüdenDurch die Einrichtung eines kleinen Windfangs und eines schönen Vorbaus vor dem Seitentürchen der Kirche wurde die Eingangangssituation völlig verändert. Der frühere Friedhof konnte zum Teil einbezogen werden in einen Platz, der den Gemeindegliedern vor und nach dem Gottesdienst zu einem kleinen Treffen zur Verfügung steht.

 

 

Unübersehbar ist auch die aus Feld- und Bruchsteinen errichtete Schutzmauer an der Südseite des die Kirche umgebenden früheren Friedhofs. Sie stellt ‑ wie uns Fachleute sagen ‑ mit höchster Wahrscheinlichkeit das älteste bauliche Relikt dar, über das Leerstetten noch verfügt.

gotisches Sakramentshäuschen

rundbogige Nische

An der Nordwand des Turmes kann der Kunstkenner eine Nische mit originellen kleeblattartigen Bögen sehen, die wahrscheinlich zur Aufbewahrung heiliger Öle benutzt worden ist. Die rundbogige Nische in der Ostwand könnte dem Taufkännchen als Abstellplatz gedient haben. Daneben befindet sich ein Opferstock, der vermutlich zuerst ein Taufstein war. Eine weitere Kostbarkeit in der Leerstettener Kirche ist das gotische Sakramentshäuschen, das aus der Zeit vor Adam Kraft (ca. 1460 ‑ 1508/09) stammt. Es diente der Aufbewahrung der Hostien und des Abendmahlweines und zeigt einfache, klare Formen. Beachtenswert ist die Schmiedearbeit des Türchens.

Das Wappen der Markgrafen von AnsbachWappen der Markgrafen 

 

Auch die Kirche zu Leerstetten trägt wie jene zu Schwand das Wappen der Markgrafen von Brandenburg- Ansbach. Hier war es bis zur Renovierung im Chorraum oberhalb der Altarspitze zu finden. Jetzt ist es an der Stirnwand der linken Empore angebracht.

 

Kirchturm von Norden her gesehen

 

Zusammengestellt von Alfred J. Köhl unter Verwendung von Unterlagen des ehem. Pfarrers Klaus Fohrn, der Veröffentlichung „800 Jahre Leerstetten" sowie weiteren Quellen aus dem Literaturverzeichnis.


Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Leerstetten

Literaturverzeichnis


Schwanstetten im September 2007, Ergänzt im Januar 2014, April 2018, bearbeitet im Mai 2023

Alfred J. Köhl