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Vom Wildmeister zum Förster

Wald gab es hier schon immer – und daher möchte ich „seine“ Geschichte schreiben, berichten, wie es denn aus seiner Sicht zu dem kam, was heute ist: „Der Wald oder heute der Forst rund um Schwanstetten“:

Dichter Wald – eine imposante Sanddüne – und ein kleiner Bach – so zeigte sich diese Gegend auch den ersten Siedlern. Es waren wohl schon vorher Menschen „durchgewandert“, den Germanen wird nachgesagt, dass sie an dieser Sanddüne und dem Bach eine „Ting – Stätte“ hatten, also einen „Gerichtstreff“ – oder einen „Ratstreff“. Heute nennen die Schwander dieses Areal „An der Alting“. Darüber hinaus wurden sogar Siedlungsspuren aus noch früheren Jahren bei einer Befliegung im gesamten Gemeindegebiet festgestellt (Bodendenkmäler in der Harmer-, Leerstettener- und Schwander Flur).

Aber erst viel später wurde die Gegend für eine Ansiedelung interessant – und dafür musste ich an einigen Stellen „schwinden“, Platz machen für den Ort „Swande“ – was eben von „schwinden“ kommt. Der Einfachheit halber hat man die großen Bäume geschlagen – als Bauholz für die Hütten, und den Rest wohl mit Feuer beseitigt. Es entstanden die ersten Hütten aus meinem Baumaterial, aus „Holz aus dem Wald“.

Wanderer auf der Durchreise, aber bald schon auch Handel treibende kamen aus allen vier Himmelsrichtungen in diesen Ort. So entwickelte sich auch bald der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus – das dann wohl auch wieder mit „Holz aus dem Wald“ errichtet wurde.

1186 – so wird berichtet, weihte der Bischof Otto von Eichstätt – dann diese Kirche.
Der Ort wuchs weiter. Das fruchtbare Ackerland – durch die Brandrodung gewonnen - wurde bearbeitet und ernährte die Bauern. Daneben siedelten sich kleine Handwerker an: ein Schmied, ein Wagner, ein Weber. Sie fertigten all die Dinge, die die Bauern benötigten, die sie sich selbst aber nicht herstellen konnten. Dazu kamen zwei Mühlen – denn das Getreide musste ja auch gemahlen werden, bevor man es als Lebensmittel verwenden konnte.

Es war eine Zeit des Aufbruchs. Nebenan wuchs eine große Stadt (Nürnberg) – mit einer Burg auf einem Felsen, der aus diesem Wald herausragte. Und der Wald gewährte das Baumaterial für die Häuser, auch dieser neuen Stadt. Doch gab es auch in diesem Wald einen Steinbruch, aus dem dann immer mehr „Baumaterial“ gewonnen wurde. Erst spät kam zu dem Naturstein der künstlich hergestellte, der gebrannte Stein, der Tonziegel. Die Bürger dieser Stadt hatten erkannt, dass reine „Holzhäuser“ auf so engem Raum eine Gefahr bei einem Brand sind, und – da langsam auch das Holz immer knapper wurde – verbot man um 1450 reine „Fachwerkhäuser“. Der „Weinstadel“ in der großen Stadt hatte zu viel Holz „verschlungen“ – und war so der letzte reine Fachwerkbau.

Die Burg hatte natürlich einen Herrn, den Burgherrn. Und der gewann mit der Größe der Stadt und den umliegenden Gemeinden immer mehr an Bedeutung und wurde schließlich sogar zum Markgrafen.
Da aber die Bürger dieser großen Stadt ihrem „Burggrafen“ nicht immer sehr freundlich gesonnen waren, verlegte er seinen Regierungssitz zuerst nach Cadolzburg und später nach „Onoldsbach“ und nannte sich fortan „Markgraf von Brandenburg Ansbach“. Und in dessen Besitz kam auch der kleine Ort „Swande“.

Dem Ort wurde vom Burggrafen Johann II. das Recht verliehen, Märkte abhalten zu dürfen. Das war noch vor 1340, wie die Quittung beweist.
Dadurch gewann der Ort an Bedeutung, wurde der Handel immer wichtiger. Wichtig war aber auch, dass die große Stadt nebenan regen Handel mit aller Welt betrieb – und die großen Handelswege nach Süden, nach Venedig, eben durch unseren Ort gingen.

So gab es schließlich auch eine Taverne – ein „Wirtshaus mit Beherbergungsbetrieb“ mit einem Unterstand für die Pferde und anderer Zugtiere der Handelsreisenden – und dann natürlich auch ein Badehaus. Nicht nur Durchreisende wollten sich „fein“ machen, bevor sie in die große Stadt weiter reisten. Auch die eigenen Bürger wollten ab und zu einmal baden – und der Bader war daneben auch für die Gesundheit und das sonstige Wohlbefinden zuständig. Um seine Dienstleistungen anbieten zu können brauchte er aber ganz viel Holz (natürlich aus dem Wald ringsum), das Wasser zu erwärmen, so dass die Badegäste sich darin wohl fühlten.
Und für alles musste ich „bluten“ – mein Holz als Baumaterial liefern.

Der einst dichte Wald wurde dadurch stark gelichtet. Es waren früher überwiegend Eichen gewesen mit dichtem Unterholz. Zudem trieben die Bauern ihre Tiere zur Mast in den Wald – Schweine und Rinder, und die „lichteten“ den Wald weiter. Auch die jungen Triebe schmeckten den Tieren und so war der Verbiss groß.
Außerdem hatten die Bauern das Recht, Brenn- und Zimmerholz aus dem Wald zu holen. Sie durften das zwar nur tagsüber, und nur immer ein Mal pro Tag und nur vierspännig, aber eben das ganze Jahr über. Die Bäume mussten gefällt werden, nicht „herausgedreht“ und „Mistelbäume“ waren tabu. Der Wildmeister musste ihnen einen Platz zuweisen, an dem sie ihr Holz schlagen durften, aber verbieten konnte er es ihnen nicht.


Doch, wie es mir dabei erging, wie ich mich ab und zu wieder einmal „erholen“ konnte, das interessierte eigentlich wenig. Ich war ja „da“ – und das reichte. Außerdem hatte sich das Köhlerhandwerk hier angesiedelt und sie verbrauchten Unmengen an Holz um die in der Metallverarbeitung heiß begehrte Holzkohle zu liefern.



1489 errichtete die markgräfliche Regierung in Onoldsbach die "Brandenburgische Wildmeisterei" in Schwand und Ulmann Scheit wurde als erster Wildmeister eingesetzt.

Er war für die Wildfuhr Schwand zuständig.

Daneben gab es im Oberamt Schwabach noch vier weitere Wildfuhren: Kammerstein, Kornburg, Mögeldorf sowie die halbe Wildfuhr Regelsbach.
Wie schon die Namen „Wildfuhr und Wildmeister“ ahnen lassen, ging es bei seinen Aufgaben mehr um das Wild als um mich, den Wald. Dem Wildmeister unterstanden „Förster“ und „Jägerburschen“ sowie „Streifer“ und „Heger“ (Waldaufseher). Waldarbeiter waren aber – bei Bedarf – die Bauern, die als Leibeigene – immer dann, wenn der Markgraf es so wollte - Frondienste leisten mussten.

Um aber die Aufgabe dieser neuen „Behörde“ zu verstehen, muss man sich mit der damals üblichen Jagd und den dazugehörenden Jagdmethoden, beschäftigen.
 
Die Jagd .. ein herrschaftliches Vergnügen .. ist fürstliche Freude..
In der Frühzeit diente die Jagd der Nahrungsversorgung und sicherte die Existenz. Etwa seit dem 8. Jahrhundert entwickelte sich das Recht zu jagen zu einem landesherrlichen Regal – einem alleinigen Recht des Herrschers.
Waldgebiete wurden zu Hoheitsgebieten erklärt, zu so genannten „Bannforsten“, in denen ausschließlich dem Landesherrn die Jagd erlaubt war. Das Wild galt als sein Eigentum. Die Bevölkerung blieb von der Jagd ausgeschlossen.
Die heute noch gebräuchlichen Begriffe „Hochwild“ und „Niederwild“ leiten sich aus dem damals geltenden Recht ab: Die Hohe Jagd auf Hirsche, Wildschweine, und beispielsweise den Auerhahn behielt sich der hohe Adel als Privileg. Dem niederen Adel verblieb das „Niederwild“, kleinere Tiere wie Hasen, Feder- und Rehwild.
Die Jagd war Teil des feudalen Herrschaftssystems und damit wichtige Ausdrucksform adeliger Kultur und Mentalität. Aufwändige Hofjagden gehörten zum höfischen Leben und Vergnügen.
Die Jagdgesetzgebung, die bis ins 18. Jahrhunderts galt, mit Schonzeiten, Schutz des Jungwildes, Maßnahmen gegen Raubtiere und wildernde Hunde, hatten das Ziel, den Wildbestand zugunsten hoher Jagderfolge zu heben – zum Jagdvergnügen der Herrschaft und zu Lasten der Bevölkerung.
Obgleich die Jagd weitgehend eine Männerdomäne, pflegten auch Frauen diese Leidenschaft.

… und bäuerliche Not:
Die Landesherrschaft forderte von der abhängigen Bevölkerung „Jagdfronen“. Das konnten Treiberdienste bei der Jagd selbst sein, Transport und Aufbau des Jagdzeugs, die Unterbringung und Verpflegung der Jäger oder die Aufzucht und Haltung der Hunde oder aber eine „Hundssteuer“ als Ausgleich dafür, dass man vor der Hundehaltung „verschont“ blieb (wie der Obermüller in Schwand).

Oft fiel die Jagdzeit mit der Erntezeit zusammen. Tagelang und bei jedem Wetter mussten die Bauern den Jagdherren zur Verfügung stehen – statt die wertvollen Feldfrüchte einzubringen.

Rücksichtslos verliefen die Jagden über die Felder hinweg. Die Ernte wurde zerstört. Auch die enormen Wildmengen, die für die immer aufwändiger und prachtvoller werdenden Prunkjagden benötigt wurden, richteten existenzbedrohende Schäden nicht nur auf den Feldern an. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts blieb es den Bauern untersagt, ihre Felder durch hohe Zäune zu schützen oder das Wild effektiv zu vertreiben.
Aus diesen Gründen hatten die Bauern kein Verständnis für die Jagd und dafür, dass der Landesherr in ihr oft seinen Lebensinhalt sah, dem sich alles andere unterzuordnen hatte.
 
Die Lust am Jagen


Ganz im Sinne der inszenierten, repräsentativen und prunkvollen Lebensführung an absolutistischen Fürstenhöfen galt die Jagd als eine der vornehmsten Fürstentugenden. Sie war Statussymbol, fürstliche Selbstbestätigung und festliche Inszenierung nach den Regeln des höfischen Zeremoniells. Im 17. Und 18. Jahrhundert hielten diese Feste in vielen deutschen Kleinstaaten Einzug und erreichten einen Höhepunkt.
Auf ihren Höfen praktizierten die Landesherren unterschiedlichste Formen der Jagd. Die drei wichtigsten großen höfischen Jagdmethoden waren das „Eingestellte“ oder “Deutsches Jagen“ (Hetzjagd), die Parforce-Jagd (Hetzjagd auf ein einzelnes Stück Wild) und die Beizjagd (Jagd mit abgerichteten Greifvögeln). Dabei ging es hauptsächlich um die Darstellung der Staatsmacht und die Demonstration der umfangreichen Infrastruktur, die dem Herrscher zur Verfügung stand, um ein barockes Fest und die hohe Kunst der Jagd.


Zu den prachtvoll ausgerichteten Jagdfesten entstanden aufwändig angelegte Sommer- und Jagdschlösser. Sie dienten allein dem Aufenthalt in den Jagdrevieren und boten die Kulisse für die prächtig ausgerichteten Jagdfeste. Das Jagdschloss reicht in dieser Zeit vom einfachen Jagdhaus bis zum umfangreichen Gebäudekomplex, der während der Jagdzeit auch als Residenz genutzt wurde.
Diese Art Hetzjagd heißt auch „Deutsche Jagd“, weil sie in ihrer Durchführung auf die vielen kleinen Territorien im deutschen Raum abgestimmt war. Ziel war es, eine möglichst große Menge Wild zu erlegen.


Bereits etliche Tage vor der eigentlichen Jagd wurde das Wild in eingelappte Kammern und Läufe (durch Stangen befestigte Tücher und Jagdlappen eingefasste Bereiche) getrieben und dort bewacht, damit es nicht entkam, oder „durch die Lappen ging“. Aus diesen Kammern heraus wurde es vor den Jagdschirm (geschützter Stand) mit den hohen Herren und den geladenen Gästen getrieben, damit sie es bequem in der Art eines „Massenschlachtens“ abschießen konnten.
 
Nach der Jagd, die mit der Präsentation des erlegten Wildes vor dem Jagdschirm endete, schloss sich meist ein festliches Essen an. Das Volk nahm an diesen Jagden nur als Zuschauer teil.
 
 
Solche Jagden gab es auch in Schwand und den umliegenden Wildfuhren.
Die Jagdschäden, die herabwürdigenden Jagdfronen, die strengen Tierhaltungsbeschränkungen und Waldverbote sowie eine sehr strenge Wildereigesetzgebung boten ständige Konfliktpunkte und führten zu zahlreichen Jagdbeschwerden, Unruhen und Aufständen.

 


Die wachsende Unzufriedenheit der Bauern bezüglich der Missstände auch im Jagdrecht entlud sich schließlich im Bauernkrieg von 1525. Die Erhebung wurde niedergeschlagen und auch nach den Bauernkriegen blieb die Jagdrechtslage ein wesentlicher Grund für soziale Unruhen.

Schon frühzeitig wurde Kritik an der Form der Ausübung der Jagd geäußert. Martin Luther (1483 – 1546)) nahm in seinen Schriften „An den Adel deutscher Nation“ deutlich gegen die Jagd Stellung.

Zu den neuen Belastungen der immer aufwändigeren Jagden kamen die Folgen kriegerischer Akte. Als 1548 durchziehende spanisch-kaiserliche Truppen Schwand zerstörten, wurde für den Wiederaufbau allein der Kirche und des Pfarrhauses in der Soos 16,5 ha Wald abgeholzt (Kahlschlag).

Während des 30-jährigen Krieges wurde Schwand 1632 von Wallensteins Truppen, 1633 von kaiserlichen Reitern und 1643 von Hatzfeldischen gleich drei Mal geplündert und gebrandschatzt. Dazwischen gab es dann auch noch 1635 eine große Hungersnot, so dass der Wiederaufbau nur schleppend voranging und erst so richtig mit den Exulanten aus Niederösterreich voranging. Und auch als 1654 eine neue Brücke über den Hembach gebaut wurde – anstatt einer Furt – musst ich wiederum das Baumaterial liefern. So vergingen die Jahre, Jahrzehnte, doch bald schon begannen auch wieder die Jagden, nur noch größer.

Beim Wolfsjagen im Jahre 1700 in der Schwander Wildfuhr mussten von dem Michael Fischer (Taverne zum Schwan) für 21 Jagdpferde 22 Metzen, 13 1/2 Maß Hafer abgegeben werden. Im gleichen Jahr war zu der Auerhahnbalz der Kurfürst von Mainz in Schwand als Jagdgast mit dabei.

Egal welcher weltliche Herr gerade „dran“ war, gejagt haben sie alle!!!



 

Beim Kirchenneubau der Johanneskirche 1751 – 1753 musste dann wiederum der Wald in der Soos bei der Finanzierung mithelfen. Den „Ruhm des Baues“ und die Vorsorge für sein Seelenheil verbuchte der Markgraf aber ganz allein für sich.

Eine kleine Episode aus dieser Zeit: „1764 wurde in der neuen Kirche durch den Verkauf der Kirchenstühle eine feste Sitzordnung eingeführt. Der Gitterstuhl auf der Nordseite der Kirche gehörte der Pfarr- und Richterfamilie, der auf der Südseite der Wildmeister- und Schulmeisterfamilie. Auf der ersten Empore saßen in der ersten Reihe der Richter, der Wildmeister und der Papiermüller. (in Augenhöhe mit dem predigenden Pfarrer – der auf die restlichen Gottesdienstbesucher herunterschauen konnte)“.
 

Wilderei

Wilderei kommt auch heute noch vor, doch die Motive und die Methoden haben sich im Gegensatz zur früheren Zeit geändert. Zur Zeit „unserer Wildmeister“ gehörte Wilderei zum Alltag der unteren Schichten. Der Grund war zumeist wirtschaftliche Not. Oft verleitete auch der Wildreichtum dazu, gegen das Gesetz zur Waffe zu greifen.
Wild galt aber als persönliches Eigentum des Herrschers, und so bedeutete Wildfrevel einen Angriff auf die Landeshoheit. Es galt somit als „Hochverrat“ und wurde demzufolge streng bestraft, mitunter auch mit dem Tod. Daher setzten Wilderer sich meist mit allen Mitteln gegen eine Festnahme zur Wehr und wurden so für angestellte Jäger und Förster zum gefährlichen Feind.


1556 wurden Hans Kopp aus Nürnberg und 1570 Peter Merker bei der Wilderei erschossen, 1594 dann der Wildschütz Barthel Kleßlein aus Weidenwang in Schwand gehängt. Und auch dazu musste ich mein Holz hergeben: 3 große Eichen wurden für die Errichtung des Hochgerichts (Galgen) gefällt. Und 1605 wird erneut berichtet, dass ein Wilddieb auf frischer Tat ertappt und erschossen wurde. Eine „gnadenlose“ Zeit!

So ging es weiter durch die Jahrhunderte. Doch in dieser oft kriegerischen und lebensbedrohlichen Zeit gewährte der Wald auch Unterschlupf, Versteckmöglichkeiten. Irgendwo war immer ein Stück dichter Wald mit Unterholz stehen geblieben und der wurde dann dazu genutzt. Waren es die Spanier, die Schweden oder die Nürnberger – der Wald half, um wenigstens das Leben zu behalten. Auch wenn er anschließend dazu herhalten musste, um die zerstörten und abgebrannten Gebäude wieder neu zu errichten.

Zum Schluss (1945) versteckte sich sogar noch die SS im Wald – und es herrschte die Angst, dass sie den Einmarsch der 7. Amerikanischen Armee doch noch zu verhindern suchten – wie in anderen Orten geschehen. Aber es blieb – Gott sei Dank – beim sich Verstecken.

Während der Markgrafenzeit wurde eine weitere Jagdart „Mode“. Und auch diese wurde in unserer Gegend ausgeführt – ohne Rücksicht auf Feld und Flur. Die Bauern mussten dazu auch noch Frondienste leisten, als Treiber vor Ort sein und zuschauen, wie ihre Felder verwüstet wurden.

 

Die Parforce-Jagd ist eine Hetzjagd auf ein einzelnes Tier, meist einen Hirschen. Das Tier wurde von einer abgerichteten Hundemeute und einer Gruppe von Treibern zu Pferd „par force“, das heißt „mit Gewalt“ bis zur Erschöpfung gehetzt. Der Jagdherr und seine Gäste nahmen an der Jagd meist als Zuschauer teil und kamen erst im letzten Moment hinzu, um das Tier zu erlegen.
Die Vorbereitungen zu diesem teuren Vergnügen dauerten viele Tage und verliefen nach festgelegten Regeln. Man benötigte eine große Menge an Personal, eine Meute von Parforce-Hunden, Jagdpferde und eine hohe Anzahl von ausgebildeten Jagdbediensteten. Sie mussten gute Reiter und Hornisten sein, da die Verständigung bei dieser Jagd über Signale, die mit dem Parforce-Horn gegeben wurden, funktionierte.



1712 fand so eine Jagd in Kornburg ihr „Ende“. Dem sich tapfer wehrenden Hirsch wurde ein Denkmal gesetzt – die Flurschäden der Bauern und des Waldes nahm man als „unvermeidlich“ in Kauf. Es war ja ein herrschaftliches Privileg – und eine Kritik daran kam einer Majestätsbeleidigung gleich. Und die wurde schwer bestraft – untergrub sie doch die herrschaftliche Autorität.

Die heutige Inschrift an der Säule zu Ehren dieses so tapferen Hirsches lautet:
 

Der durchlauchtigste Fürst und Herr
Herr Friedrich Wilhelm
Markgraff zu Brandenburg Herzog
zu Preußen und zu Mecklenburg auch
Burggraf zu Nürnberg haben ei-
nen Hirsch mit 10 Endern uff der
parforce Jagd bei Wiedersdorf
angejagd und solchen durch die Re-
gelsbacher Wildfuhr oberhalb Rei-
chelsdorf durch die Rednitz dann
durch die Kornburger Mögeldorfer
und Fischbacher Wildfuhr von der
wieder zurück bis Kornburg in
den Flecken forciert und uff
diesen Platz nach 5 ¼ Stunden
mit 40 Hunden erlegt.
So geschehen den 3. Novembris
Anno 1712

 
Der durchlauchtigste Fürst und Herr
Herr Wilhelm Friedrich
Markgraff zu Brandenburg Herzog
zu Preußen auch zu Mecklenburg,
Burggraf zu Nürnberg haben ei-
nen Hirsch mit 10 Endern uff der
par force Jagd bei Reichelsdorf
angejagd und solchen durch die Re-
gelsbacher Wildfuhr oberhalb Rei-
chelsdorf durch die Rednitz dann
durch die Kornburger, Mögeldorfer
und Fischbacher Wildfuhr von dannen
wieder zurück biß Kornburg in
den Flecken forcieret und uff
diesen Platz nach 3 ¼ Stund
mit 40 Hunden erlegt.
So geschehen den 3. Novembris
Anno 1712
So muss die Inschrift auf der Säule richtig heißen – bei der Erneuerung haben sich etliche Fehler eingeschlichen.
 
Ein Gedicht von Gottfried August Bürger legt die Verzweiflung, Not und Wut der Bauern dar:
 
Der Bauer: An seinen Durchlauchtigsten Tyrannen.
geschrieben noch im Sommer 1773.

Wer bist du, Fürst, daß ohne Scheu    
Zerrollen mich dein Wagenrad,
Zerschlagen darf dein Roß?

Wer bist du, Fürst, daß in mein Fleisch
Dein Freund, dein Jagdhund, ungebleut
Darf Klau'und Rachen hau'n?

Wer bist du, daß, durch Saat und Forst,
Das Hurra deiner Jagd mich treibt,     
Entatmet, wie das Wild? –

Die Saat, so deine Jagd zertritt,   
Was Roß und Hund und Du verschlingst,
Das Brot, du Fürst, ist mein.

Du Fürst hast nicht, bei Egg' und Pflug,
Hast nicht den Erntetag durchschwitzt.
Mein, mein ist Fleiß und Brot! –

Ha! du wärst Obrigkeit von Gott?
Gott spendet Segen aus; du raubst!
Du nicht von Gott, Tyrann!

Auch Friedrich der Große (1712 – 1786) lehnt in seinen 1739 verfassten „Antimachiavell“ die Jagd als fürstlichen Zeitvertreib ab. Aber erst mit dem Ende des Markgrafentums und der „Übernahme“ des Territoriums durch Preußen endeten auch die herrschaftlichen Jagden. Die anschließend Herrschenden betrieben ihre Jagdleidenschaft weitestgehend in Oberbayern, und somit weit weg, in den oberbayerischen Bergen.

Doch mit dem Ende des Markgrafentums wurde ein anderes Problem in unserem Gebiet, im „Steckerleswald“ immer akuter – die Waldschäden:
Davon können Sie dann mehr lesen im zweiten Teil:

Wald und Förster

Quelle und Literatur:
1489 – 1989 = 500 Jahre Forstverwaltung in Schwand, Roland Seßner
Ausstellung im Jagdschloss im Freilandmuseum Bad Windsheim
Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken, Günther Schramm 1980
Weitergehende Literatur im Literaturverzeichnis

Auszug aus der Karte des märkgräflich-ansbachischen Oberamtes Schwabach von Johann Georg Vetter, 1740
aus: Regierungsbibliothek Ansbach, Handschriften des Historischen Vereins für Mittelfranken Nr. 1 Tom II


Die Veröffentlichungsgenehmigung wurde erteilt: "Quellen- und Signaturangabe: Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 741, Bl. 4r; © Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt."



Genehmigung zur Veröffentlichung erteilt: Deutsches Jagd- und Fischereimuseum
Neuhauser Straße 2
80331 München






Hirschjagd des Markgrafen Alexander bei Reichelsdorf vom 11.August 1774
Kupferstich von Chr. Daniel Henning
(Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg)



Schwanstetten im November 2016 / Januar 2017
Alfred J. Köhl

Das Bild vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg etwas größer - wegen der Details.