Ortsteil Leerstetten
Hauptstraße 4. Altes Schulhaus, zweigeschossiger Sandsteinquaderbau mit Walmdach,
erbaut 1835; sowie die drei
Nebengebäude: Sandsteinscheunen mit Walmdach. (Fl.Nr. 418/2)
Hausname: "Schulhaus", oder nach dem Nutzungswechsel 1983:
"Gemeindehaus"
Situation: Das zweigeschossige Schulhaus auf querrechteckigem Grundriß steht mit der Langseite zur Straße, die zugleich die Hauptfassade ausbildet. Es ist ein wichtiges, unverzichtbares städtebauliches Element, das auf seine Umgebung, die gegenüberstehende Kirche und den ehemaligen Dorfplatz mit dem ehemaligen Rathaus und der Gastwirtschaft ("Hauptstr. 16") abgestimmt worden ist. Die Quellen belegen diesen Bezug und konkretisieren die Aussage, daß das Schulhaus auch für die Ausbildung und Anlage des "Dorfplatzes" unverzichtbar sei.
Zu dem Schulhaus gehören rückwärtige Nebengebäude: Eine Waschküche, ein Schuppen und eine Holzlege.
Datierung: Die Erbauungszeit ist durch Quellen gesichert: ab 1831 begann die Planung, und am 9. Nov. 1835 war dann die Einweihung. Der Architekt war der Nürnberger Carl Erdinger. Der Bau war ursprünglich kleiner. Eine spiegelsymmetrische Fassade mit fünf Fensterachsen wurde geplant und ausgeführt. 1885 wurde sie nach den Quellen und Umbauplänen im StAN um zwei Fensterachsen nach Norden erweitert und die symmetrische Anlage aufgegeben. Beide Pläne liegen vor.
Allerdings ist heute am Baukörper diese Erweiterung nicht erkennbar, die sich insbesondere in der Sandsteinkonstruktion darstellen müßte. Der Sandsteinverband ist durchlaufend fortgesetzt worden mit allen Besonderheiten der Fensterzonen. Ebenso sind keine Bruchstellen in den profilierten Sohl- und Traufgesimsleisten feststellbar. Einzig auffällig ist eine nahezu vertikale Schadenzone der rückwärtigen Fassade und der Einsatz eines helleren Sandsteins im Traufgesims des Anbaus. Daneben fallen längere Sandsteinquader in diesem Bereich auf, die sich aber durch die fensterlose Situation erklären: Eine Baufuge ist optisch nicht zu belegen. Auch der Dachstuhl zeigt keine Konstruktionsänderungen oder Erweiterungen. Auffällig ist nur die Asymmetrie der Gebindeanordnung. Eine so weitgehende stilistische Kopie in allen Details wirkt fast nicht glaubhaft, auch wenn die Quellen einen Anbau zwingend nahelegen. Eine Lösung böte eine mechanische Befunduntersuchung an der Innenseite der mutmaßlichen Baufuge.
Die Nebengebäude gehören zum ursprünglichen Bestand, wie es die Pläne und Konstruktionen zeigen. Die rückwärtige Scheune wurde 1838 errichtet.
Geschichtliches: Das Schulgebäude war eine große Besonderheit für die Gemeinde Leerstetten. Den Quellen zufolge herrschte eine enthusiastische Stimmung bei der Planung und Ausführung. Das zeigt der umfangreiche Schriftwechsel zwischen der planenden Pfarrgemeinde, dem Architekten und dem Bezirksamt Schwabach. In den Unterlagen (StAN) existiert sogar ein mehrseitiger Hymnus des Ortspfarrers auf das entstehende Gebäude. Es war Schulhaus und Wohnung des Lehrers, der zugleich Meßner war. Das obere langgestreckte Klassenzimmer wird in dem Erweiterungsplan als "Lehrzimmer für 100 Kinder" bezeichnet.
Am 20. Februar 1983 wurde das Gebäude zum evangelischen Gemeindehaus umgenutzt.
Baugeschichte: 1831 erbaut mit 5 Fensterachsen. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand wurde das Gebäude im Jahr 1885 um zwei Fensterachsen nach Norden erweitert. Im Jahr 1981 erfolgte der Umbau des Schulhauses zum evangelischen Gemeindehaus. Dabei wurden die Bodenbeläge, Wandbeschichtungen, Türen und Fenster erneuert.
Beschreibung: Das Gebäude wird längsseitig durch einen linksgelagerten Zugang, von Osten, erschlossen, der nach den Quellen ursprünglich die Mitte des Gebäudes darstellte. Die Ostfassade ist auf die Straße hin ausgerichtet.
Außen: Das langgestreckte Haus mit 7 Fensterachsen ist ein repräsentativ angelegtes Gebäude, das sich von der ortsüblichen erdgeschossigen Bauweise grundsätzlich durch Höhe und Größe sowie durch das Walmdach abhob. Dies trifft auch zu, wenn das ursprüngliche Gebäude nur 5 Fensterachsen besaß und achsensymmetrisch zur Haupterschließung konzipiert war. Der Baukörper wird horizontal durch die Fensterachsen und ein zweistufiges, profiliertes Sohlbankgesims im Obergeschoss (OG) gegliedert, das das Erdgeschoss (EG) überhöht und das OG als Mezzanin darstellt. Unter dem Dach wird das OG durch einen Profilgurt abgeschlossen, das gleichzeitig die Hohlkehle der massiven Traufe einleitet. Zum angelegten Dekor der Fassade gehören die zweiflügeligen Sprossenfenster mit Schlagläden, die die Horizontale betonen. Daneben ist der materialsichtige Sandsteinquaderverband dekorativ eingesetzt.
Die Fenster sind auf eine Reihung ausgelegt, die auf eine Funktion der Innenräume keine Rücksicht nehmen, so daß auf den Schmalseiten vermauerte Fenster erscheinen, hinter denen Innenwände auf die Außenwand treffen.
Ausstattungsdetails: Treppenaufgang vom EG bis DG: Schöne gewendete, hölzerne Podesttreppe mit breitem profiliertem Handlauf, jedoch glatten Geländerstäben. Die Stufen sind ergänzt. Stuckprofilleiste unter der Hohlkehle im ehemaligen Schulsaal.
Konstruktion: Aufgehendes Außenmauerwerk ist Sandstein, steinsichtig.
Das Innenmauerwerk ist vermutlich Backstein, verputzt. Geschossbildung mit Balkenlagen. Böden erneuert; ursprünglich im EG Fliesen im Flur, Riemen in den Räumen. Im OG wohl insgesamt Riemen, heute Parkett. Deckenkostruktion mit Stuckprofil unter Hohlkehle; die Konstruktion selbst ist nicht einzusehen.
Dachstuhl: eingeschossiger, liegender Walmdach-Kehlbalkenstuhl, gebeilt, gezapft, mit Holznägeln gesichert. Die Stuhlsäulen sind mit weitausgreifenden Kopf- und Fußbügen ausgestattet; die Pfette scheint zwischen die Stuhlsäulen eingezapft zu sein. Die Gebindeabstände sind unregelmäßig.
Türen und Fenster: Erneuert. Lediglich der rückwärtige Ausgang weist eine alte, lamellierte Tür auf, die nach den Beschlägen mit dem Anbau eingesetzt wurde. Die Fenster wurden, der Anlage der Architektur folgend, mit zweiflügeligen Sprossenfenstern mit einfachen Schlagläden ausgestattet. Die historisierenden Innentüren sind hochrechteckig gefeldert.
Nutzung: Das Haus wird aktuell als evangelisches Gemeindehaus genutzt. Es sind mehrere Gruppenräume und ein Gemeindesaal darin untergebracht.
Erhaltungszustand: Baulicher Zustand ist insgesamt gut. Einzig auffällig sind mehrere vertikale Rißbildungen im Inneren des Gebäudes, die aber den Bestand nicht gefährden.
Nebengebäude: Waschhaus, Schuppen, Holzlege
Alle Nebengebäude sind einfache, kleine erdgeschossige Sandsteingebäude mit Walmdach, Bibereindeckung.
Waschhaus: Ein Raum mit entstehungszeitlichem, offenem Sparrendachstuhl. Er wird derzeit als Jugendraum genutzt. Auffällig neben vielen Fassungsresten ist eine rundliche Wandnische, die eine Fassung über Brandspuren aufweist.
Schuppen: Ein Raum mit eingeschossigem, liegendem, gebeiltem Kehlbalken-Walmdachstuhl, der zur Lagerung von Heu etc. diente. Der Dachboden wird über eine einfache, eingestemmte Stiege erschlossen. Das Dach ist mit Froschmaulgaupen ausgestattet.
Holzlege: Ein offener Raum, der, wie der Name sagt, zur Holzlagerung und -trocknung diente. Offene Sparrendachkonstruktion.
Quelle und Literatur:
Denkmalkartierung von 1995 - Marktgemeinde Schwanstetten, erstellt von Hermann Schubach M.A.
Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfranken, hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 475
Gemeindearchiv Leerstetten, Nr. 200/1, Nr. 200/2, Nr. 213/10
Neumann, Barbara, Chronik der Gemeinde Schwanstetten, masch. Manuskript (unveröff.), Stand 1992, S. 194
StAN, BA Schwabach, Rep. 212/17 I, Nr. 435
StAN, BA Schwabach, Rep. 212/17 I, Nr. 437 (Darin Hymne von Pfr. Carl Boeckh und umfangreiches Material)
StAN, BA Schwabach, Rep. 212/17 II, Nr. 6135
weitergehende Quellen und Literatur
Zur Geschichte der Schule und Lehrer in Leerstetten ..
Der dörfliche Schulbetrieb von Hans Volkert .
Schwanstetten im September 2007, bearbeitet im Juli 2010
Alfred J. Köhl