Ortsteil Schwand
Ehemaliges Schulhaus, Satteldachbau, 18. Jahrhundert
1815 mit Fachwerkobergeschoß aufgestockt (Flur Nr. 2)
Hausname:
"Schulhaus" oder "Mesnerhaus";
war bis Anfang 19. Jahrhunderts Schulhaus und Wohnsitz des Mesners, der gleichzeitig Schulmeister war. Im Haus waren die Schulräume untergebracht. Noch 1886 als "Schullehaus" bezeichnet.
Situation:
Das Haus steht in der Nürnberger Straße auf der linken Seite, innerhalb einer geschlossenen historischen Bebauung. Es stößt von Süden giebelseitig an die Friedhofsmauer an. Es ist städtebaulich an dieser Stelle unverzichtbar. Daneben ist es ein bedeutendes sozialgeschichtliches Denkmal.
Auf dem Katasterblatt von 1820 ist das Gebäude mit der Flur Nr. 2 gekennzeichnet.
Das Grundstück wirkt nach dem Flurblatt von 1820 wie aus der Nachbarparzelle des "Richterhofs" ausgeschnitten. Auf dem Kataster ist der Richterhof die Flur Nr. 3, heute ist es die Haus Nr. 17 in der Nürnberger Straße.
Die schmale Fläche zwischen beiden Häusern war nach dieser Karte Gemeindebesitz.
Datierung:
Kennzeichen für die Entstehungszeit ist der südliche Fachwerkgiebel mit K-Streben, gebeilt, mit Holznägeln gesichert. Ebenso weist das profilierte und gekehlte Traufgesims, das nach der Aufstockung wieder aufgeführt wurde, auf die Entstehungszeit, ca. Mitte 18. Jahrhundert, hin. Die nördliche Giebelseite ist leider nicht einsehbar, da sie zwar nicht ganz an die Friedhofsmauer anstößt, aber nur vom Dachboden aus, mit besonderen Sicherungsmaßnahmen, erschließbar ist. Die Aufstockung, über die Pläne vorliegen, geht auf die Jahre 1814 (Planung) und 1815 (Ausführung zurück).
Geschichtliches:
Seit 1613 wird an dieser Stelle ein Mesnerhaus, bzw. Schulhaus beschrieben. Mesner und Schulmeister waren meist identisch. Das Haus steht ebenso wie die andern Häuser dieser Straße in der ehemaligen "Herrengasse", dem politischen Zentrum Schwands, was die unmittelbare Nähe des Amtsrichteranwesens, des Pfarrhauses und des Wildmeisteranwesens zum Ausdruck bringt.
Bis 1831 fand hier der Unterrichte der Schüler aus Schwand und den umliegenden Gemeinden statt. Nach der Verlegung der Schule in den gegenüberliegenden Neubau wurde im Jahr 1832 hier die Postmeisterei untergebracht.
Baugeschichte:
Wohl Mitte 18. Jahrhundert erbaut. Der weitere Werdegang stellt sich durch mehrere grundlegende Überformungen unklar dar: 1815 rückwärtige, erdgeschossige Erweiterung mit Schleppdach für größeren Schulsaal. Die fassadenseitige Aufstockung erfolgte ebenfalls 1815, da es das Fachwerk des Giebels deutlich gestört darstellt. Das rechte Erdgeschoss (EG) wurde nach 1900 für einen Laden umgenutzt; 1949 wurde der Laden auf die linke Seite verlegt.
Dieser Laden war ein Lebensmittelgeschäft und wurde als "Edeka-Laden" bis 1972 betrieben.
Das Bild aus den frühen 50er Jahren zeigt die beiden Kinder des Lehrers Kessel im Schulgarten. Im Hintergrund ist der "Edeka-Laden" auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu sehen.
Beschreibung:
Das Haus wird traufseitig von der Straße her über einen mittigen Eingang erschlossen. Im rückwärtigen kleinen Garten
Außen: Das zweigeschossige Haus mit Satteldach steht traufseitig zur Straße und schließt äußerlich an die Friedhofsmauer an. Über dem deutlich gestörten EG sitzt das historisierende Fachwerk mit vier symmetrischen Fensterachsen, die ursprünglich mit Schlagläden versehen waren, wie man an den restlichen Stützkloben erkennt. Zur Traufe hin schließt ein hölzernes, gekehltes und profiliertes Traufgesims das Obergeschoss (OG) ab.
Rückwärtig hat sich die erdgeschossige Anlage des Hauses erhalten, die aber halbseitig verlängert wurde.
Der Südgiebel besteht aus Sichtfachwerk mit K-Streben, das nach beiden Traufseiten hin deutlich gestört ist. Im Giebel finden sich ältere Luken. Der Nordgiebel ist wegen einer neueren Verputzung nicht einsehbar, besteht aber ebenfalls aus Fachwerk. Laut Eigentümer beginnt das Fachwerk auf dieser Giebelseite bereits auf halber Höhe des EG.
Innen: Das EG wird durch einen mittigen Flur erschlossen, der das Gebäude in seiner ganzen Tiefe durchzieht und in den rückwärtigen Garten mündet. Auf der linken Haushälfte dürfte sich nach der barocken Tradition ursprünglich die zweifenstrige Stube befunden haben, auf die die Küche folgte. Nach dem Umbau in einen Schulsaal und dem weiteren in einen Laden, wurde der rückwärtige Anbau als Lager genutzt. Auf der rechten Haushälfte befand sich ein Zimmer mit einem kleinen Nebenraum und eine kleine Waschküche. Hier befand sich zwischen 1910 und 1949 der Laden.
Das OG wird über eine gerade, einläufige Treppe erschlossen. Sie mündet in einen kleinen Flur, der drei Wohnräume und einen rückwärtigen Speicherraum erschließt und fassadenseitig in einer kleinen Kammer mündet, die die Erschließung des Dachgeschoss (DG) von 1815 enthielt. Letztere ist heute durch eine Falltür mit Ausziehleiter ersetzt.
Bemerkenswert, da von ihrer Genese her unerklärlich, sind zwei Türöffnungen auf der nördlichen Giebelseite im OG, die weit unter der Oberkante der Friedhofsmauer einmünden und in die heute herauskragende "Wandschränke" eingefügt sind.
Ausstattungsdetails: Zwei ältere, hochrechteckig gefelderte Türen im OG, mit ornamentaler Verglasung (2. Hälfte 19. Jh, bzw. Jahrhundertwende ?); zwei nördliche "Wandschränke", die wohl ältere Türen ersetzen(!?). Sonst sind Überformungen vorhanden, die volkskundlich interessant sein können.
Konstruktion:
Das Haus stößt nicht an die Friedhofsmauer an, wie es der vermauerte Spalt und das überkragende DG vermittelt.
Aufgehendes Mauerwerk: Fachwerk auf Sandsteinquadererdgeschoß, wobei die nördliche Giebelseite bereits im EG Fachwerk aufweist. Die Gefache sind mit Bruchstein und Ziegeln gefüllt. Auf der oben verpuzten Nordgiebelseite befinden sich jedoch lt. Eigentümer Lehm-Stroh-Ausfachungen.
Der Südgiebel ist Sichtfachwerk mit "Mann"-Motiv und K-Streben; gebeilt, gezapft, mit Holznägeln gesichert. Links und rechts außen kann man die Störung des Fachwerks für die rückwärtige Verlängerung und die straßenseitige Aufstockung nachvollziehen. Diese zeichnet sich durch ein einfaches Ständer-Riegel-Fachwerk ohne Verstrebungen aus.
Geschoßbildung durch Balkenlage.
Böden und Deckenkonstruktion sind wohl erneuert.
Dachstuhl: doppelt stehender Kehlbalkenstuhl, gebeilt, mit Holznägeln gesichert.
Das rückwärtige südwestliche Dach ist verlängert und flach hinabgezogen.
Dachdeckung mit Rundschnittbibern doppelt.
Türen und Fenster: Hochrechteckig gefelderte Türen im OG, mit ornamentaler Verglasung. Die Fenster sind eigentlich auf Kreuzstocksprossenfenster im EG mit einfachen Schlagläden angelegt. Sie wurden leider ersetzt. Im aufgestockten OG sind die Fenster auf zweiflügelige Sprossenfenster mit Schlagläden ausgelegt.
Das Haus hat inzwischen eine neue Eigentümerin. Auch wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten in den letzten Jahren ausgeführt, so dass es jetzt wieder im alten Glanz vor uns steht.
Quelle und Literatur:
Denkmalkartierung der Marktgemeinde Schwanstetten von 1995, Autor M.A Hermann Schubach
Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfr., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476
Freytag, Waltraud, Die geschichtliche Entwicklung der Marktgemeinde Schwand unter Berücksichtigung der Kirche bis zum 20. Jahrhundert, in: Heimatkundliche Streifzüge, Schriftenreihe des Landkreises Roth, Bd. 1, 1982, S. 23-55
Neumann, Barbara, Chronik der Gemeinde Schwanstetten, masch. Manuscript (unveröff.), Stand 1992, S. 188
Staatl. Vermessungsamt Schwabach: Grund- und Lagerbuch. Acta der königl. unmittelbaren Steuerkataster-Commission, 1886. Darin enthalten die Aufzeichnungen von 1821 (Schwand), bzw. 1832 (Leerstetten, Harm, Mittelhembach, Furth)
StAN, Regierung, Kammer des Inneren, Abg.1968, Bd. II, Tit. XII Bausachen, Nr. 697
StAN, BA Schwabach, Rep. 212/17 I, Nr. 442
StAN, BA Schwabach, Rep. 212/17 III, Nr. 8524/ VIII
Schwand 1986. Festschrift zur 800-Jahr-Feier von Schwand, hrsg. Markt Schwanstetten, bearb. v. Barbara Neumann, Schwanstetten 1986, S. 48
Schwanstetten im Juli 2013
Alfred J. Köhl