Direkt zum Inhalt

Elisabeth Engelhardt

- eine „Vita" tabellarisch

Als junge Frau

11.03.1925 um 0.30 Uhr
Geburt in Leerstetten
Eltern: Marie Engelhardt, geborene Wirner, 03. 06. 1898 - 13. 07. 1989
Vater: Georg Engelhardt: 11. 01. 1889 - 13. 11. 1975.

12. 03. 1925
Eintrag in das Geburtsregister als: Nr. 1 / 1925 in Leerstetten.

22. 03. 1925
Taufe in der Kirche „Peter und Paul" in Leerstetten. Als kleines Mädchen

31. 05. 1926
Bruder Hans wird geboren.

22. 03. 1928
Schwester Gretel wird geboren.

22. 07. 1929
Schwester Leni wird geboren.

16. 04. 1931

Erster Schultag in der einklassigen Dorfschule in Leerstetten bei dem Lehrer
Carl Dürr.

22. 04. 1938
Der jüngste Bruder Wilfried wird geboren

Konfirmation

 

 

24. 04. 1938
Liesl wird in der Kirche „Peter und Paul" in Leerstetten konfirmiert und der Bruder
Wilfried wird am gleichen Tag getauft. Eine Feier für zwei.

 

1938 - 1939
Elisabeth besucht das freiwillige achte Schuljahr im Luitpoldschulhaus in Schwabach .

 

 

31. 03. 1939
Elisabeth wird mit einem „Schluß-Zeugnis" aus der Volksschule entlassen.

1939
Elisabeth besucht die Deutsche Aufbauschule in Schwabach
(später wurde daraus das Wolfram von Eschenbach Gymnasium).
Aufgrund ihrer mathematischen Schwächen wurde es nur ein kurzes Gastspiel.
Nach einem halben Jahr muss sie die Schule verlassen.
„Meinen Eltern zerrann ein Traum von ihrer Lehrerin-Tochter" bemerkt sie lakonisch.


1939 - 1940

Elisabeth besucht die kaufmännische Privatschule Teschner in Nürnberg.
Zumindest eine Fertigkeit aus dieser Ausbildung bleibt ihr - das perfekte
Schreibmaschinenschreiben.

In jenem Schuljahr gewinnt Liesl ein „Rätsel-Preisausschreiben". Zur Preisverleihung darf sie allein nach München fahren. Dort begegnet sie ihrer ersten heimlichen Liebe, einem jungen Italiener. Sein Foto versteckt sie, heimlich gehen Liebesbriefe hin und her. Als die Mutter dahinterkommt, gibt es einen Riesenkrach, der einen furiosen Schlußpunkt unter diese erste Liebe setzt.

1940 - 1941

Auch Elisabeth muss nach der Schulzeit das damals übliche „Pflichtjahr" ableisten. Zuerst ist sie auf der Hühnerfarm Kurz und Sanders in Wendelstein (auf dem heutigen Gelände der Brotfabrik Jaus), dann nach gesundheitlichen Problemen kommt sie in den Haushalt der Katzwanger Mühle zur Familie Sommer. Sie wohnt in einem kleinen Dienstbotenzimmer und schreibt dort auf einem eigenen Schreibtisch (als Doppelfunktion aufklappbar zum Waschtisch) ihre Gedichte.

Für ihren kleinen Bruder Wilfried gestaltet Elisabeth ein Bilderbuch. Darin wird beschrieben, wie der Osterhase die deutschen Soldaten an ihren Einsatzorten besucht.

1941 - 1942


Elisabeth besucht die Haushaltungsschule in Roth. Sie wohnt während der
fünfmonatigen Ausbildung im Internat und lernt den perfekten Umgang mit Nadel
und Faden sowie der Nähmaschine (was ihren späteren Start an den Städtischen
Bühnen in Nürnberg später wesentlich erleichterte).

1942

Elisabeth wird zum ersten Mal an der Schilddrüse im Städtischen Klinikum Nürnberg operiert.

Liesl absolviert eine Ausbildung zur Luftwaffenhelferin in einer Kaserne in Fürth. Eine lebenslange Freundschaft mit Hilde Winkler (verh. Gross) aus Regensburg entsteht während dieser Ausbildung.

Luftwaffenhelferin1943 - 1945


Nach der Funkerausbildung ist ihr erster Einsatzort der Fliegerhorst Roth. Von dort
wird sie nach Mainz versetzt und landet schließlich in Stade bei Hamburg.

 

Hin und wieder verfasst Elisabeth in dieser Zeit Gedichte und schafft sich mit ihrer Naturlyrik einen Gegenpol zur Härte des Krieges. So entstehen 1944 unter anderem die Werke:"Das Kornfeld und Erinnerungen".

Elisabeth reist nach Berlin und fotografiert mit den Augen einer Malerin die noch weitgehend unzerstörte Stadt. Ebenso hält sie die Umgebung des Fliegerhorstes Stade mit der Kamera fest. Vom Meer ist sie überwältigt.

 

1944

Bruder Hans wird mit 18 (31. 05. 1944) eingezogen und kommt nach Frankreich. Schon am 16. 08. 1944 gerät er in amerikanische Kriegsgefangenschaft und gelangt über England nach Amerika. Dort, in Arkansas, wird Hans zum Baumwollpfücken eingesetzt. 1946 wird er als Kriegsgefangener nach Frankreich überstellt, von wo aus er am 20. 11. 1947 nach Leerstetten zurückkehrt.

 

20.07.1945

Bei Kriegsende gerät Elisabeth in britische Kriegsgefangenschaft in der Nähe von
Flensburg (sie hatten die Kaserne in Stade verlassen und waren Elbaufwärts
geflohen). Ihre Zeit als Kriegsgefangene verbrachte sie in der Kaserne in Rendsburg.
An diesem Tag im Juli kehrt sie nach Leerstetten zurück.

 

1946 - 1948
Beim Kunstmaler Paul Heininger, der sich in Furth ein Atelier eingerichtet hatte, erhält Liesl Malunterricht. Sie selbst bezeichnet diese zwei Jahre als eine „herrliche Zeit, in der ich eigentlich erst sehen lerne. " Liesl radelt mit ihrem Lehrer weite Strecken, um reizvolle Motive einzufangen: Nürnberg, Berching und das Altmühltal. Bezahlt wird der Unterricht in Naturalien.

Ihre Naturbegabung - das Malen - erhält nun eine solide Grundlage. Darüberhinaus vervollständigt sie ihre Ausbildung durch ein Fernstudium an der Akademie Darmstadt. Hier erhält sie zudem Kenntnisse in Werbe- und Gebrauchsgrafik.

Als Studienreisen getarnt versucht sie später ihr „Fernweh" zu stillen. Sie startet ihre Wanderjahre - Lehrjahre zuerst mit dem Fahrrad, dann mit ihrem Roller, der Bella. „Das große Tor zur Freiheit sprang auf", so beschreibt sie diese Zeit.

Neben Gedichten beginnt Liesl mit dem Schreiben von Romanen. „Schatten über Schloß Poltermore" entsteht (1956) neben vielen anderen, die aber wahrscheinlich nicht mehr erhalten sind. „Ich schrieb fast zwanzig Jahre für den elterlichen Dachboden", so urteilt sie später über diese „Schaffensphase".

 

1947

Durch eine Kontaktanzeige lernt Liesl einen Studenten der Philosophischen Fakultät
in Göttingen kennen. Es entsteht ein reger Briefwechsel.

 

25. 07. 1948

Liesl trifft ihren Brieffreund in Göttingen - und wird seiner Familie vorgestellt: ein „Landkind" bei einer Familie „aus besseren Kreisen".

 

10. 01. 1949

Liesl besucht ihren Brieffreund erneut in Göttingen.

17. 06. 1949

Liesl fährt mit dem Fahrrad nach Göttingen - und nimmt am 25. Juni Abschied: „Die echte, tiefe Liebe, die nicht fragt und nicht wägt - nur ganz einfach liebt - die war es nicht". In diesen Tagen schreibt sie drei autobiographische Texte: Nächtliche Straße", „Es war ein Abend im August" und „Vision". Schreiben wird ein Ventil für ihre Qual. Die gescheiterte Beziehung hinterlässt bei ihr tiefe Narben und kostet einen Großteil ihres Selbstvertrauens.

 

Deutschland 1948: In einem Brief fragt der angehende Philosoph die angehende Kunstmalerin: „Womit würden Sie ihre künstlerische Arbeit einem Arbeiter oder einem Kleinbürger gegenüber rechtfertigen, so dass es ihm einleuchtet? Der Steuerzahler verlangt eine Antwort, wozu sein Geld verwendet wird. Arbeiter und Kleinbürger können ganz gut ohne (Künstler und)Geisteswissenschaftler leben."

 

1948

Elisabeth bekommt Arbeit im Malersaal des Nürnberger Opernhauses - vorerst
zumindest zeitweise.

 

1950Venedig

Nachdem ihr schon im Mai 1946 bei einer gemeinsamen Familiensitzung eine „weise Frau" geweissagt hatte, dass sie in sieben Jahren, sieben Monaten und sieben Tagen eine Braut sein würde mit einer stattlichen Kinderschar (als Ehefrau und Mutter), knüpft sie - auf Wunsch der Eltern - eine Verbindung mit einem jungen Beamten. Mit ihren 26 Lebensjahren hat sie bereits das beste heiratsfähige Alter überschritten. Obwohl eifrig „Hochzeitspläne" geschmiedet werden, erkennt sie, dass das nicht ihre Zukunft sein kann - ein Leben in einer Dreizimmerwohnung, ohne Auto und mit einem Mann, der ihr „Malen" als unzeitgemäß einstuft, da es ja Kameras gibt. So eröffnet sie ihm bei einem letzten Schaufensterbummel: „Am Montag fahre ich - ohne dich - nach Italien".

 

1951

Zusammen mit Anni, einem jungen Mädchen aus dem Rheinland, das sie durch ein Inserat kennengelernt hatte, und 120 Mark, fährt sie mit dem Fahrrad nach Venedig. Dort lebt sie im Institute Biancotto und malt: den Sonnenaufgang, den Dogenpalast, den Canale Grande.

Im Brotberuf


14. Juni 1955

Festanstellung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden an den Städtischen Bühnen in Nürnberg. Sie ist nun finanziell unabhängig und bricht zu ihren nächsten Reisen mit ihrem neuerstandenen Roller - der „Bella" auf.

 



25. 08. - 16. 09. 1956


Englandreise: da die Jugendherberge in London überfüllt ist, kommt sie in einem Privatquartier unter - bei Familie Violet. In einer Illustration in ihrem Fotoalbum malt sie die familiäre Atmosphäre beim „Television" mit Tee. Sie besichtigt den Tower, dann Schloß Edinburgh und fährt schließlich an den „Loch Lomond" nach Schottland weiter. Hier nimmt sie die Eindrücke für den Roman „Schatten über Schloß Poltermore" mit, der wahrscheinlich 1956 entstanden sein dürfte.

 

Illustrationen aus dem Fotoalbum

 

25. 05. - 11. 06. 1957

Jugoslawien: Dubrovnik

Illustrationen aus dem Fotoalbum

 

18. 06. - 09. 07. 1958Norwegen

Norwegen und Schweden:
Sogar einen Abstecher mit dem Flugzeug nach Trondheim kann sie sich leisten.
Nachdem sie knapp einem Unfall entgangen ist, notiert sie: „Einer ist bei mir und beschützt mich besser als tausend Menschen ... Er läßt mich nicht allein auf den langen Straßen, in den einsamen Wäldern ... und ich ahne die Macht, in der eine Welt geborgen ist und mein Engel spricht."

 

Illustrationen aus dem Fotoalbum

 

 


01. 05. - 23. 05. 1959


Afrika: über die Schweiz, Frankreich und Spanien fährt sie bis nach Afrika - Tanger, Tetuan und Algier.

 

Illustrationen aus dem Fotoalbum

 

Juli 1961

Elisabeth wird zum zweiten Mal an der Schilddrüse im Städt. Klinikum Nürnberg
operiert.

30. 04. - 18. 05. 1962Die Klagemauer


Zusammen mit einer Reisegruppe unternimmt Elisabeth Engelhardt ihre letzte größere Reise mit dem Zug / Bus über die Türkei nach Israel.

 

1964

Zur Buchmesse in Frankfurt erscheint ihr Roman: Feuer heilt", der in den beiden Jahren zuvor entstanden war - und auch Eindrücke ihrer Israelreise mit verarbeitete. Auf dem Höhepunkt des deutschen Wirtschaftswunders entstanden, liegt es auf der Hand, dass der historische Hexenroman bei der Masse eines satten Bürgertums keine Breitenwirkung erzielen konnte.
Neuauflagen: 1969 und 1987

Hans Bertram Bock, damals junger dynamischer Redakteur bei der Abendzeitung, macht den Bayerischen Rundfunk (Abteilung Wort im Studio Franken) auf Elisabeth Engelhardt aufmerksam. Sie findet auch zur „Gruppe 61", einer Schriftstellervereinigung um Max von der Grün.

 

1965

Liesl kauft sich vom Erlös ihres Erstlingswerkes ein Auto - einen Karmann Ghia - eine Erleichterung für ihr Pendlerschicksal. Ihr zaghafter Versuch, in einer eigenen Wohnung ein selbstbestimmtes Leben zu führen, scheitert am Widerstand der Mutter.

 

28. 05. 1965

„Engelhardt zur Gruppe 61", so lautete die Schlagzeile in der Bildzeitung, mit der ihre überregionale Karriere beginnt.

15. 02. 1967

Elisabeth Engelhardt erhält den Förderpreis für Literatur der Stadt Nürnberg aus der Hand des Oberbürgermeisters, Dr. Andreas Urschlechter. „Ein Werk, das über das Ergriffensein zum Begreifen führt...", so charakterisiert Dr. Herrmann Glaser, der damalige Kulturreferent der Stadt den Roman.

Erster Rundfunkbeitrag: „Nürnberg aus der Sicht einer Pendlerin".

30. 03. 1969

Elisabeth Engelhardt teilt Bernhard Boie ihren „Abschied" aus der „Gruppe 61" mit. Zwei unvereinbare Richtungen prallen in der Gruppe 61 aufeinander - die traditionelle bürgerliche Literatur und die neue dokumentarische Literatur mit politisch agitatorischem Anstrich. „Das unerläßliche Handwerkszeug macht noch keinen Handwerker aus", so begründet sie ihren Ausstieg.

1969

Die Familie Engelhardt gibt die Landwirtschaft auf.
Elisabeth wird freie Mitarbeiterin bei den Nürnberger Nachrichten

 

1970

Als Herausgeberin der historischen Erzählungen „Und Idas Trähnen fließen in die Tasse" hat sie mit diesen „Moralischen Erzählungen für Kinder gebildeter Stände" keine große Resonanz beim breiten Publikum.
Neuauflage 1988.

1971

Rundfunkbeitrag: „Schwabach".

1972

Elisabeth Engelhardt schließt sich dem Verband Fränkischer Schriftsteller an.
Freundschaft mit Irene Reif

 

Der Erzählband „Johanna geht" erscheint.

 

1974

Der Roman:„Ein deutsches Dorf in Bayern" erscheint.
Neuauflage 1985, 1988 auch als Taschenbuch.

„Die Försterevi", ein Volksstück in 5 Akten, wird in Mittenwald bei Xaver Bauer gedruckt.

Dezember 1974

Die Zeitschrift stern macht eine Reportage über den neuen Engelhardt Roman.

02. 02. 1975

Rundfunkbeitrag:Ländliches Franken".

13. 11. 1975

Georg Engelhardt, Elisabeths Vater, stirbt im Alter von fast 87 Jahren. Liesl Engelhardt verliert mit ihrem Vater einen Menschen, von dem sie große Güte empfangen hat. „(Der Tod meines Vaters) war ein Lehrstück, eine Erfahrung, die mich zutiefst betroffen machte - ich gehe meiner Nacht entgegen, derselben, in der er entschwunden ist, an der Hand eines Engels, unter herabstürzenden Träumen."(EE)

26. 10. 1976

Elisabeth Engelhardt liest als Gast auf Einladung beim „Pegnesischen Blumenorden" im Nürnberger Museum. Der Pegnesische Blumenorden wurde 1644 von Nürnberger Patriziern gegründet und ist die älteste Gesellschaft zur Pflege der deutschen Sprache.

01.01. 1977

Elisabeth Engelhardt wird Mitglied Nr. 8331 beim Frankenbund, einer Vereinigung für
Landeskunde und Kulturpflege mit Sitz in Würzburg.
Für den Bayerischen Rundfunk entsteht das Hörbild „Trümmerzeit auf dem Lande"
und sie schreibt die Chronik von Leerstetten".

26. 10. 1977

Elisabeth Engelhardt erleidet bei ihrer Nichte Ingrid, die ihr wie jede Woche die Haare richtet, einen epileptischen Anfall. Anschließende Diagnose: „Gehirntumor".

01. 12. 1977

Elisabeth Engelhardt wird in Erlangen in der Neurologie operiert. Am 10. 12. zur Weiterbehandlung nach Nürnberg verlegt, am 05. 01. 1978 darf sie nach 15 Bestrahlungen nach Hause.

9.04. 1978

Elisabeth Engelhardt schließt einen Vertrag mit dem - heute nicht mehr existierenden - Karlsruher Verlag für den Roman „Hannes" ab. Er ist heute nur als ein Fragment von ca. 50 Seiten erhalten.

Sie schreibt ihre letzte Geschichte: „Stau am Crejoda Pass".

8. 06. 1978

Beim Sommerfest in der Wallensteinstraße verabschiedet sich Elisabeth von ihren Kolleginnen und Kollegen beim Bayerischen Rundfunk.

13. 07. 1978

Ihre letzten eigenhändigen Tagebucheinträge.

08. 08. 1978

„Meine liebe, gute, tapfere Liesl ist tot. 8. August früh 2 Uhr 10",
so schreibt ihre Mutter in das Tagebuch.

10. 08. 1978

Pfarrer Eberlein, ihr letzter Vertrauter, zelebriert die „große Leich" in Leerstetten.

Wie geht es euch?

Quellen und Literatur-Hinweise:

Ingeborg Höverkamp: Elisabeth Engelhardt - 1925 - 1978 - Eine fränkische Schriftstellerin
ISBN 3-87354-2269 beim Hohenloher Druck- und Verlagshaus Gerabronn
erhältlich nur noch bei der Autorin oder dem Kulturamt der Gemeinde Schwanstetten

Weitere Quellen siehe: Literaturverzeichnis

Zusammengestellt von Alfred J. Köhl

Schwand im August 2008