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Errichtung eines zweiten Schulhauses in Leerstetten im Jahr 1912 

(zusammengetragen und aufgeschrieben von Hans Volkert)

Der Schulbetrieb für die Kinder war bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei uns eng mit der Kirche verflochten. Die Pfarrer waren seinerzeit Vorgesetzte der Lehrer. 

Zweites Schulhaus auf einer alten Postkarte

Auch in Leerstetten waren die Schüler ab 1836 im sogenannten Mesnerhaus untergebracht. Doch im Herbst des Jahres 1910 drängte das Königliche Bezirks­amt Schwabach die Schulgemeinde Leerstetten verstärkt zur Errichtung eines weiteren Schulsaals. Dagegen argumentierte die verstärkte Gemeindeverwaltung, dass der Ort keine Fabrik besitze und eine größere Zunahme der Schülerzahl voraussichtlich auch in den kommenden Jahren nicht zu erwarten sei. Vielmehr müsse mit einem Rückgang der Schüler gerechnet werden. Dazu wurde ein Beispiel aus der Statistik angeführt, wonach 1883 noch 101 Schüler vorhanden waren, aber ihre Zahl im jetzigen Zeitpunkt auf 71 gesunken sei. 

Schließlich war auch die gemeindliche Finanzsituation wegen der hohen Umlagen und der großen Schulden der meisten Haushalte nicht mehr weiter belastbar mit einem zusätzlichen Bauprojekt. 

Das mit der Regierungsentschließung vom 09. 01. 1911 geforderte Projekt sei nach Ansicht der Verwaltung auch deshalb nicht realisierbar, weil das Schulgebäude im Eigentum der Kirchenstiftung stehe. 

Als aber am 26. 4. 1911 die Kirchenstiftung den geplanten Umbau ihres Gebäudes zugesichert hatte, erklärte sich am 7. 5. 1911 der verstärkte Gemeindeausschuss mit dem Projekt einer Schulerweiterung einverstanden. 

In den dann folgenden Wochen versuchte das Königliche Bezirksamt in Schwabach wieder, die Schulgemeinde von einer Erweiterung der Schule auf kirchlichem Grund abzubringen. Schließlich erklärte sich die Schulgemeinde Leerstetten bereit, auf eigenem Grund ein weiteres Schulgebäude zu errichten, sofern aus staatlichen und Kreismitteln 35 bis 40 % der zu erwartenden Baukosten gedeckt werden. 

Die weiteren Verhandlungen bewirkten, dass die Schulgemeine Leerstetten einen Bauplatz zur Errichtung eines Schulhauses mit einem Lehrsaal nebst Wohnung für den zweiten Lehrer zu erwerben gedachte. Das geplante Gebäude sollte daneben noch Abortanlagen und einen Kellerraum besitzen. 

Nochmals stellte die Gemeinde am 27. 6. 1911 fest, dass sie durch Schulden und einer großen Umlage belastet sei. Sie bat deshalb das Bezirksamt, einen "erklecklichen" Zuschuss aus Kreis- und Staatsmitteln zu befürworten. 

Am 10. 12. 1911 wurde das von Ingenieur Eisen angefertigte Bauprojekt einschließlich Pläne begutachtet und schließlich bewilligt. Die Gemeindevertreter hätten es aber begrüßt, wenn sich im Bodenraum neben dem Wohn- und Schlafzimmer noch ein kleiner Abstellraum einrichten ließe.

Die Schulgemeinde erwarb dann von Herrn Georg Perl von Leerstetten aus dessen Grundstück Fl. Nr. 175 eine Teilfläche von 53 Dez. =  ca. 1800 qm (m²) um 800 Mark. 

Über die Entschließung der Regierung vom 4. 7. 1912 beriet der verstärkte Ausschuss am 01. 08. desselben Jahres. Es wurde beschlossen, die erforderlichen Mittel über ein Darlehen von der Distriktsparkasse zu einem Zinssatz von 4 % aufzunehmen. Der erbetene Zuschuss aus Kreismitteln sollte sofort wieder dem Darlehensgeber übermittelt und die Restschulden von den Gemeinden Leerstetten und Großschwarzenlohe durch Umlage aufgrund des betreffenden Steuersatzes und nach Maßgabe des angefertigten Tilgungsplanes aufgebracht werden. 

In seiner Sitzung am 24. 04. 1912 unterstrich der Gemeindeausschuss nochmals die Notwendigkeit, zusätzlich unterhalb der Treppe des neuen Gebäudes einen keinen Kellerraum einzurichten, "da auch eine ledige Person Essbares und Sonstiges aufzubewahren hat, was im Wohnzimmer oder im Bodenraum nicht möglich sei". 

Am 30. 1. 1913 stand nochmals die Finanzierung des Schulhaus-Neubaus auf der Beratungsliste des verstärkten Ausschusses. Man fasste den Beschluss, für den Bau des neuen Schulhauses gemeinsam mit Großschwarzenlohe bei der Distriktsparkasse Schwabach ein Darlehen von 12 000 Mark für 2 Jahre aufzunehmen. Nach Fertigstellung des Schulgebäudes bzw. nach Eingang der zu erwartenden überörtlichen Zuwendungen sollte die Tilgung nach den auf jede Gemeinde treffenden Teile finanziert werden. Nach Mitteilung des Königlichen Bezirksamts vom 25. 03. 1913 betrug die Steuersumme des Schulsprengels zusammen 3 174 Mark (für Leerstetten mit Furth 2 165 Mark, für Großschwarzenlohe mit der Erichmühle 1 009 Mark). Demzufolge traf auf Leerstetten eine Tilgung von 8 185 Mark und eine solche auf Großschwarzenlohe von 3.815 Mark. Diese Beträge mussten von beiden Gemeinde auf die Schulhaus-Baukasse einbezahlt werden. 

Wer das geplante Schulhaus an der Schwabacher Straße gebaut hatte und wann zum ersten Mal Unterricht dort abgehalten wurde, ist mir nicht bekannt. Fest steht jedoch, dass es mit einem Walmdach bedeckt war und im ersten Stock nach Westen einen Erker aufwies. 

Am 31. 08. 1919 wurde vom Gemeinderat beschlossen, als zweiten Lehrer einen Hilfslehrer anzustellen und die Mittel für dessen Besoldung aus der Schulkasse zu bestreiten. Schließlich stellte man ihm die Wohnung im neuen Schulhaus unentgeltlich zur Verfügung. Weiter stimmte der Gemeinderat dafür, auch im neuen Schulhaus das elektrische Licht (für 2 Lampen) einrichten zu lassen. 

In seiner Sitzung am 04. 10. 1920 setzte der hiesige Gemeinderat für Lehrer Brecht eine Miete von jährlich 180 Mark für das heizbare Zimmer sowie 1 Kammer im neuen Schulgebäude fest. 

Am 06. 01. 1925 beschloss der Gemeinderat, den Garten oberhalb des neuen Schulhauses an den Gemeindediener Hans Meyer für jährlich 20 Mark zu verpachten. 

Schließlich war der verstärkte Gemeinderat damit einverstanden, dass am 01. 07. 1925 der in den Ruhestand versetzte Pfarrer Müller das seinerzeit leerstehende zweite Schulhaus belegen konnte, bis eine zweite Lehrkraft zugewiesen würde. 

Dass 1939 in dieser sogenannten "Kleinen Schule" Unterricht stattfand, kann ich als damaliger Erstklässler unter Lehrer Loos bezeugen. Nach der Einberufung von Herrn Loos wurden die Schülerjahrgänge 1 bis 4 ebenfalls zum Unterricht durch Herrn Dürr in das Schulhaus neben der Kirche verlegt. 

Noch während des Krieges benutzte die Hitlerjugend (Jungvolk) den Lehrsaal. Auch der um diese Zeit eröffnete Kinderhort bezog dort einen Unterschlupf. 1945/1946 diente die ehemalige Lehrerwohnung der vertriebene Familie Lettau als Wohnung. 

In den folgenden Jahren bis zum Abbruch des Gebäudes im Jahr 1962 fand dort wieder Unterricht statt. Daneben war dazumal ein Teil der landwirtschaftlichen Berufsschule für Mädchen untergebracht. 

Zweite Schule nach der Fertigstellung

Niederschrift

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Schülerzahl, dahier, fortwährend gestiegen und da der bisherige Schulsaal für die 90 Schüler nicht hinreicht und eine Lehrkraft solch große Schülerzahl nicht genügend zu unterrichten vermag, erging seitens des Königl. Bezirksamts Schwabach im Jahre 1911 an die Schulgemeinde Leerstetten die Aufforderung, eine Hilfslehrerstelle zu errichten. 

Im bisherigen Schulhaus, das Eigentum der Kirchenstiftung Leerstetten ist, konnte ein zweiter Lehrsaal nicht eingerichtet werden und die Schulgemeinde Leerstetten, Furth, Großschwarzenlohe mit Erichmühle einigte sich, dahier ein neues Schulhaus mit Lehrsaal und einer Gehilfenwohnung auf Kosten der Schulgemeinde zu erbauen. 

Vom Maurermeister Johann Engelhardt, dahier, wird der Bau nach den Plänen des Herrn Bezirksingenieurs Eisen, Schwabach, unter Leitung des genannten Herrn zurzeit ausgeführt. 

Einer guten alten Sitte gemäß soll heute, den 23. November 1912 in dem Grund­stein des Baues eine 

Urkunde

hinterlegt werden und man möchte in derselben der Nachwelt zu wissen geben, dass die Schulsprengelvertretung zurzeit aus folgenden Herren besteht: 

Bürgermeister Johann Winkler, 
Beigeordneter Johann Georg Schneider, 
Bevollmächtigter Leonhard Meyer und Matthias Müller, 

sämtliche aus Leerstetten; ferner aus den weiteren Gemeindebevollmächtigten: 

Gabriel Seybold von Furth, Michael Bergner und Johann Georg Pöllet, beide von Harm, Johann Georg Nerreter von Mittelhembach, 

dem Bürgermeister Wolfgang Müller von Großschwarzenlohe und dem Beigeordneten Martin Braun von der Erichmühle. • 

Als Königl. Pfarrer fungiert zurzeit in Leerstetten 

Herr Ludwig Baum und als Lehrer und Kantor M. Roth. 

Möge der Bau glücklich vonstatten gehen, damit er im Jahre 1913 seinem Zweck übergeben werden kann. 

Es ist der Wunsch aller Schulgemeindeglieder, dass das neue Schulhaus ein Segen für die Gemeinde werde und der Nachwuchs unter Gottes Beistand zu sittlich-religiösen Menschen und treuen Staatsuntertanen erzogen wird. 

 

Das walte Gott! 

Weitere Unterzeichner dieser Niederschrift: 

Stephan Engelhardt, Maurer, Johann Dinta, Maurer, 

Andreas Heyder, Handlanger, Johann Huber, Handlanger, Friedrich Grashaußer, Handlanger, Konrad Meyer, Handlanger, Ludwig Borzler 

Katharina Röck, Privatiers- Witwe. 

 

aufbereitet im Juni 2023

Alfred J. Köhl