Nürnberger Straße 15.
Wohnhaus, zweigeschossiger Mansarddachbau mit Aufzugserker, Ende 18. Jh. (Fl. Nr. 9)
Situation:
Das zweigeschossige Haus steht innerhalb einer nahezu geschlossenen Häuserfront von weiteren Baudenkmälern in der Nürnberger Straße. Auf dem Katasterplan von 1820 ist es mit Nr. 6 gekennzeichnet. Es erscheint aus städtebaulicher Sicht an dieser Stelle unverzichtbar, da es auf seine Umgebung bezogen ist. Historisch dominierte es die bauliche Situation, da sich die zweigeschossige Bauweise markant von den ehemals erdgeschossigen Bauten der Umgebung unterschied. Rückwärtig gehört ein kleiner, modern überformter Hof zu dem Anwesen. Es handelt sich um ein wichtiges städtebauliches und sozialhistorisches Denkmal.
Datierung: Der Phänotyp des Hauses, die große repräsentative Anlage und der Mansarddachstuhl mit frontseitig herauskragendem Aufzugserker legen eine Datierung gegen Ende des 18. Jh. nahe.
Geschichtliches: Das Haus steht in der ehemaligen "Herrengasse", dem politischen Zentrum Schwands, was die Nähe von Richterhaus, Schule, Kirche und Pfarrsitz andeuten. Nach Erzählungen in der Bevölkerung ließ sich ein Pfarrer das Gebäude als Alterswohnsitz errichten, wogegen allerdings die enorme Größe des Baus spricht. Allerdings bewohnte 1886 Katharina Schäfer, eine Pfarrerswitwe, das Gebäude.
Es ist eine auffallend kleine Hofstelle, die nach dem Katasterblatt wohl aus dem Anwesen mit der Hausnummer 13 hervorgegangen ist. Eine nähere Benennung der Funktion des wegen seiner großzügigen Architektur und Lage auffälligen Gebäudes gelang dem Autor nicht.
Als These sei hier vorgeschlagen, dass das Gebäude, dessen Speicherfunktion derart betont wird, die Abgaben der Bevölkerung an den Landesherren aufnahm.
Baugeschichte: Ende 18. Jh. erbaut; ca. 1900 Einzug von T-Eisenträgern im Stall für preußische Kappengewölbe (nicht erhalten); ab den sechziger Jahren beständige Modernisierung des Baukörpers. Dabei wurden Wände, Bodenbeläge und Decken ersetzt.
Beschreibung: Die historische Haupterschließung ist von der Nürnberger Straße her, von Osten. Die Mietwohnungen werden über die rückwärtige Tür, vom Hof her erschlossen, der über eine seitliche Zufahrt erreicht wird.
Außen: Das herrschaftliche Gebäude fällt schon durch seine ungewöhnliche Größe auf, die sich bis zur Aufstockung der Nebengebäude noch akzentuierter darstellte. Es ist ein zweigeschossiger Mansardwalmdachbau auf längsrechteckigem Grundriss. Die Hauptfassade wird durch einen Aufzugserker, der aus dem Dach herauskragt, überhöht.
Der Baukörper orientiert sich im Erdgeschoß (EG) mit seiner Gliederung an der ortstypischen Architektur, doch weichen Obergeschoss (OG) und Dachform davon ab. Es ist ein hervorgehobenes Gebäude, dessen Speicherfunktion besonders betont werden sollte.
Die Haustür ist mittig. Rechts erkennt man eine zweifenstrige Stube, rechts eine größere, zweifenstrige Kammer. Darüber sind die regelmäßigen Fensteröffnungen des OG angeordnet. Der Aufzugserker erklärt sich aus der Höhe des Gebäudes, wobei die hauptfassadenseitige Lage zunächst ungewöhnlich erscheint. Jedoch ist die Fassade auf diese Zutat hin ausgelegt, so dass man von einer gewollten Aussage sprechen muss. Die Hauptfassade dürfte dem Zeitgeschmack entsprechend verputzt gewesen sein.
Innen: Der Grundriss orientiert sich an dem durch die Tradition geprägten. Er ist mit dem des benachbarten Richterhauses verwandt. Das Haus wird über einen etwas rechts gelagerten Gang erschlossen, der das Gebäude in seiner ganzen Länge durchzieht und in einen rückwärtigen Ausgang mündet.
Die Räume auf der linken Seite folgen dem üblichen Schema, fallen aber durch ihre Größe auf. Frontseitig ist die Stube, die mit einer ehemaligen Bohlenbalkendecke dekoriert war. Sie war mit der ehemals rückwärtigen Küche verbunden, die ihrerseits gewölbt und mit einem offenen Kamin ausgestattet war. Die Stube wurde von der Küche über einen Kachelofen beheizt. Daran schloss sich der rückwärtige Stall an. Auf der rechten Seite ist zunächst die Kammer, auf die eine Speis folgt, die gegenüber der Küche liegt. Die folgenden Räume sind nicht bestimmbar.
Das OG wird über eine einfache, angewendelte Stiege erschlossen, die in einen rechtsgelagerten Gang mündet, der seinerseits nur 2/3 des OG durchzieht. Die Nutzung des OG mit seinen 9 Räumen ist schwer zu bestimmen. Fassadenseitig ist ein Raum, der ehemals mit einem Stuckkranz dekoriert war.
Das Dachgeschoss (DG) diente wohl der Lagerung von Getreide und Heu und vielleicht noch Abgaben an den Landesherrn.
Konstruktion:
Keller: geziegelte Rundbogentonne im Haus
Aufgehendes Mauerwerk: ehemals Sandsteinquader im EG, das rückwärtig in eine Fachwerkkonstruktion mündete: heute insgesamt massiv
OG: Fachwerkkonstruktion, Gefache mit Bruchstein;
Innenwände ehemals auch Fachwerk: stellenweise ersetzt.
Böden: erneuert, wohl ursprünglich Fliesen in Flur und Küche, sonst Dielenbeläge
Decken: In der Stube ehemals Bohlen-Balken-Decke; sonst Fehlböden; weitgehend erneuert.
Dachdeckung: mit 1/3 Deckung mit Rundschnittbibern.
Dachstuhl: doppelt stehender Mansarddach-Kehlbalkenstuhl: z.T. geschäftet, z.T. ergänzt
Türen und Fenster: insgesamt ersetzt. Wohl ursprünglich zweiflügelige Sprossenfenster mit Schlagläden.
Nutzung: Das Haus wird insgesamt als Wohnhaus genutzt; wobei mehrere Mietwohnungen darin untergebracht sind.
Erhaltungszustand: Keine Schäden ersichtlich. Gut.
Quelle und Literatur:
Denkmalkartierung der Marktgemeine Schwanstetten von 1995, Autor Hermann Schubach, M.A.
Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfr., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476
Staatl. Vermessungsamt Schwabach: Grund- und Lagerbuch. Acta der königl. unmittelbaren Steuerkataster-Commission, 1886. Darin enthalten die Aufzeichnungen von 1821 (Schwand), bzw. 1832 (Leerstetten, Harm, Mittelhembach, Furth)
Festschrift zur 800-Jahr-Feier von Schwand, hrsg. Markt Schwanstetten, bearb. v. Barbara Neumann, Schwanstetten 1986, S. 15, 45
Weitergehende Literatur finden Sie hier:
Schwanstetten im Oktober 2015
Alfred J. Köhl