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Ortsteil Schwand
 
 Erdgeschossiges Kleinhaus, verputztes Fachwerk, 1. Hälfte 19. Jh. (Fl.Nr. 114)
 
 
Hausname: "Taglöhnerhaus"


 
Situation: Das erdgeschossige kleine Satteldachhaus mit rückwärtigem Mansarddachanbau steht traufseitig an der Rednitzhembacher Straße und bezeugt das Wachstum des Ortes in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es ist der Torso eines ursprünglich längeren Gebäudes. Auch in seiner verkürzten Form ist es ein wichtiges städtebauliches wie auch sozialgeschichtliches Element, das unverzichtbar seiner gewachsenen Umgebung entspricht.
 
Datierung: Die Festlegung nach Liste ist richtig. Es wurde in der 1.Hälfte des 19. Jh. als langgestrecktes, erdgeschossiges Gebäude erbaut. Darauf weisen Phänotyp und Innenraumgliederung hin, die auf die barocke Tradition aufbauen. Weitere Indizien sind das Fachwerk mit K-Streben am östlichen Giebel (gezapft, gebeilt, mit Holznägeln gesichert) sowie der stehende Kehlbalkenstuhl (gebeilt, gezapft, mit Holznägeln gesichert) und die Bohlen-Balken-Decke in der Stube.
 
Geschichtliches: Das Gebäude gehört zur Wachstumsphase Schwands in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es ist aus einem rückwärtigen Bauernhof hervorgegangen und wird als Tagelöhnerhaus bezeichnet. Sicher ist, dass sich ein Stall und ein Dachgeschoss zur Heu- oder Getreidelagerung im Gebäude befanden. Auf dem Katasterplan von 1820 ist das Haus auf Nr. 66 entlang der Straße eingetragen.
Bei der Teilung des Grundstücks am 1. August 1852 wurde die Flur-Nr. 114 rückwärtig geteilt. Was auch Rednitzhembacher Str. 11 und 13 betrifft: die alten Hausnummern 66 a, b, c, belegen diese Teilung.
Tatsächlich gingen die Hausnummern 11 und 13 aus diesem Grundstück hervor. Der Eigentümer Georg Kühnlein, ein Zimmergesell, ermöglichte seinen Brüdern Johann, Schuhmacher (Hs. Nr. 13), und Wolfgang, Weber (Hs. Nr. 11), den Bau oder Umbau des Hauses. Jedoch kann man dem Kataster von 1844 entnehmen, daß Rednitzhembacher Str. 11 und 13 mit großer Wahrscheinlichkeit mit diesem Haus architektonisch verbunden waren. Die Hausnummern 11 und 13 dürften eine ehemalige Scheune eines ehemaligen rückwärtigen Wohnstalls eines Bauernhofs gewesen sein.
 
Baugeschichte: Anfang 19. Jahrhundert erbaut; man erkennt auf einer Photographie von 1915 ein langgestrecktes Gebäude mit zwei straßenseitigen Eingängen, einem großen Dacherker und einer Ladeluke, die als Schleppgaupe ausgebildet ist. Dacherker und Luke sind bereits 1930 wieder verschwunden. Der Keller/Speis wurde wohl gegen 1900 mit preußischem Kappengewölbe errichtet. Nach Heirat der Eigentümerin, 1949/50, wurde rechtes (=westliches) Drittel des Hauses abgebrochen und ein rückwärtiger Mansarddachanbau erstellt, die Küche in die Stube verlegt, die Bohlen-Balken-Decke (Spinndecke) verkleidet, die Erschließung des Dachgeschosses (DG) verändert und das 1. DG ausgebaut.
 
Beschreibung: Der erdgeschossige Satteldachbau wird traufseitig von Norden erschlossen.
Außen: Es war ursprünglich ein niederer querrechteckiger, langgestreckter Satteldachbau. Heute ist er verkürzt und rückwärtig durch einen Mansarddachbau erweitert. Die Architektur des Gebäudes baut ihrem Wesen nach auf die barocke Tradition des Wohnstalls mit seiner typischen Gliederung auf. Über dem verputzten Erdgeschoss erhoben sich auf den schmalen Giebelseiten die Sichtfachwerkgiebel mit K-Streben-System (der östliche Giebel ist erhalten). Die Dachflächen waren einfach mit Bibern gedeckt.
Fassadenschmuck: Die verputzte Fassade wird durch die Kreuzstockfenster mit zweiflügeligen Läden und die fast mittige Haustür gegliedert. Giebelseitig nach Osten mit Sichtfachwerk.
Innen: Das Innere des Hauses wird über einen mittigen Flur erschlossen, der heute im jungen rückwärtigen Anbau fortgesetzt wird.
Die Innengliederung ist ebenso traditionell am Wohnstall orientiert. Auf der linken Hausseite befindet sich die zweifenstrige Stube mit Bohlen-Balken-Decke und rückwärtiger schmaler Küche, von der sie beheizt wurde. Die Küche war gewölbt und bis 1949 mit einem dt. Kamin ausgestattet. Heute ist sie zu einem Flurausläufer mit DG-Erschließung geworden. Der jüngere, einst außen liegende Keller/Speis mit preußischem Kappengewölbe wurde von der Küche aus erschlossen.
Auf der linken Haushälfte befindet sich traditionsgemäß die ehemalige Kammer, auf die rückwärtig ein ehemaliger Kuhstall, die heutige Küche, folgt.
In dem abgebrochenen, westlichem Drittel befanden sich ein weiterer Flur, eine Kammer und ein Stallausläufer.
Das DG, das ursprünglich über eine schmale, einläufige Stiege vom Flur aus erschlossen wurde (heute über die ehemalige Küche), wurde als Futter- und Getreidespeicher genutzt und später ausgebaut. Im 2. DG wurde der Speicher belassen.
 
Ausstattungsdetails:
 
Konstruktion: Keller/Speis: Ziegel, preußisches Kappengewölbe.
Aufgehendes Außenmauerwerk lt. Eigentümerin ursprünglich Fachwerk, z.T. auch Backstein; 1950 entfernt; heute insgesamt Backstein.
Ostgiebel: Sichtfachwerk mit K-Strebensystem, gebeilt, verzapft, Gefache mit Ziegeln gefüllt. Der Westgiebel ist mit Ziegeln vermauert (ursprünglich auch Fachwerk).
Innenkonstruktion lt. Eigentümerin ursprünglich mit Fachwerkriegelfeldern, Gefache mit Bruchstein, z. T auch Lehm auf Weidenrutengeflecht. Davon nur südliche Wand der Stube erhalten, sonst durch Ziegelmauerwerk ersetzt.
Böden: in Küche und Stube wohl ursprünglich Kalk- bzw. Sandsteinfliesen, sonst im Wohnbereich Dielen- und Riemenböden.
Decken: In Stube Bohlen-Balken-Decke; sonst mit Felhlböden. Im Stall könnte sich preußisches Kappengewölbe befunden haben.
Anbau: Ziegel, verputzt.
Dachstuhl:  zweigeschossig; doppelt stehender Kehlbalkenstuhl, gebeilt, gezapft, gesichert mit Holznägeln; wohl entstehungszeitlich. Stellenweise sind die Balken geschäftet. Ursprünglich wohl Biber-Einfachdeckung, heute Rundschnittbiber, doppelt.
Anbau: doppelt stehender Mansard-Pfettendachstuhl.
Türen und Fenster:  Türen und Kreuzstockeinfachfenster mit zweiflügeligen Schlagläden erneuert. Ursprünglich wohl auch  Kreuzstockfenster, jedoch etwas kleiner.
 
Nutzung: Das Gebäude wird als Wohnhaus genutzt.
 
Quelle und Literatur: Denkmalkartierung der Marktgemeinde Schwanstetten von 1995, Autor Hermann Schubert, M.A.
Denkmäler in Bayern, Band 5 - Mittelfr., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476
Urkunde über Grundstücksteilung von 1852; im Besitz der Eigentümerin
Staatl. Vermessungsamt Schwabach: Grund- und Lagerbuch. Acta der königl. unmittelbaren Steuerkataster-Commission, 1886. Darin enthalten die Aufzeichnungen von 1821 (Schwand), bzw. 1832 (Leerstetten, Harm, Mittelhembach, Furth)
Schwand 1986, Festschrift zur 800-Jahrfeier von Schwand, hrsg. von Markt Schwanstetten, bearbeitet von Barbara Neumann, S. 66.




 
Schwanstetten im Oktober 2015
 
Alfred J. Köhl