Am Kohlenmeiler
eine Geschichte aus ihrer Schulzeit. Erzählt von Marianne Ast
Beim Nerreter-Bauern in Furth ging es an manchen Tagen schon in aller Früh hoch her. Ein Meiler sollte aufgebaut werden. Der Bauer und sein Sohn Steffl waren mit den Hühnern aufgestanden und durchs nasse Gras übers Bächla zur Kulstätt gestapft. Auf der anderen Seite des Baches im Wald war auf einem leeren halbrunden Platz der Boden mit schwarzer glänzender Erde bedeckt. Die Köhlerei wurde hier in Furth schon seit langer Zeit betrieben und viele Meiler haben an diesem Platz gequalmt. Die beiden Männer rechten jetzt die Stelle glatt und legten Bretter als Unterlage aus.
In die Mitte stellten sie einen Bretterschacht in der gleichen Höhe wie der Meiler werden sollte. Jetzt war die Bruck fertig. Die Holzstücke für den Meiler stammten alle von zweijährigen Föhren und lagen bereits in der richtigen. Länge auf einem Wagen. Es waren 12 Ster Holz von 1 1/2 Metern und 3 Ster von 1 Meter Länge. Der Bauer und der Sohn stellten nun die Scheite rund um den Schacht auf die Bruck. Mit jeder neuen Runde wuchs der Umfang des Meilers. Durch die kurzen Holzstücke, die zum Schluss aufgestellt wurden, erhielt der Meiler seine typische runde Kegelform.
Nach dieser Arbeit gingen die Männer zum Mittagessen heim.
Als ich an diesem wunderschönen Sommertag auf einer Fahrradtour nach Furth zum Meilerplatz kam, war niemand zu sehen. Ich setzte mich in der Nähe auf einen Baumstumpf und ruhte mich eine Weile aus.
Bald kam der Bauer und der Sohn über die Wiese zum Meiler herübergegangen. Sie trugen Schaufeln und Stangen auf den Schultern. In der Zwischenzeit hatten die Bäuerin und zwei Helferinnen Fichtenzweige von Bäumen geschlagen und Waldgras abgeschnitten. Die Zweige wurden jetzt ringsherum auf die Holzstücke gelegt. Sie bedeckten den Meiler, dass er aussah, als hätte er einen Mantel an.
Das Waldgras warfen sie noch oben auf die Kuppel. Nun war kein Holz mehr zu sehen. Das war auch wichtig! Denn das Holz durfte nicht mit der Erde, die alles bedecken sollte, in Berührung kommen. Auf die Fichtenzweige und das Waldgras schaufelten die Nerreters die schwarze Erde vom Waldboden. Schaufel um Schaufel voll Erde flog nach oben. Bald bildete dieser Aushub einen Graben rund um den Meiler. Der Steffl hatte die Erde am Tag vorher mit Wasser getränkt, damit sie besser auf den Fichtenwedeln und dem Gras haften blieb. Nach einigen Stunden waren Holz, Fichtenwedel und Waldgras unter der schwarzen Erde verschwunden. Am unteren Rand, fast ebenerdig, hatte der Bauer sieben Rohre gleichmäßig verteilt in den Meiler geschoben. Durch sie musste der Rauch abziehen können.
Nun wurde eine Stiege auf die Schräge der Kuppel gelegt. Der Steffl kletterte hinauf und schlug von oben die Erde mit der »Füllstanga" fest. Das gleiche tat der Bauer mit der »Schloua" von unten.
Für diesen Tag hatten die Männer ihre Arbeit getan. Feierabend! Das hörten sie gern.
Ich war sehr neugierig geworden, ich wollte unbedingt sehen, wie es weiterging. Deshalb fuhr ich am nächsten Morgen wieder nach Furth zu den Köhlern. Oben auf dem Meiler stand der Bauer und schlichtete mit kleinen dünnen Holzstückchen einen 40 cm hohen Scheiterhaufen auf. Er zündete ihn an und als der Haufen tüchtig brannte und qualmte rechte er das noch glühende Holz in die Füll. Die Füll ist der Schacht, der beim Aufstellen der Holzscheite von unten bis oben freiblieb. Auf die Glut schüttete jetzt der Steffl nach und nach zwei Säcke voll Rinde und rührte mit der Füllstanga um, damit die Rinde im Schacht genug Luft bekam und gut brannte. Bald stieg aus dem Schacht dichter Qualm. Jetzt legte der Steffl einen Eisendeekel auf die Öffnung und bedeckte diesen noch zusätzlich mit Erde. Der Meiler war fertig und musste ab jetzt selbständig arbeiten. Beide Männer beobachteten von nun an die Luftrohre. Wenn das Anschüren von oben gut geklappt hatte, musste es gleich aus allen Zuglöchern qualmen. Und richtig! Erst kam aus einem und nach und nach aus allen anderen Rauch heraus. Bald dampfte es aus allen Rohren.
Der Nerreterbauer sorgte ab jetzt auch dafür, dass immer einige Wannen voll Wasser bereitstanden. Wenn der Meiler nämlich einbrach und nach außen brannte, musste ganz schnell gelöscht werden. Das Bächla war ja nicht weit weg und so war Wasser zu jeder Zeit zu haben. Wenn nur ein kleines Loch in der Erde einbrach, wurde es schnell wieder zugedeckt.
Der Schacht wurde noch 1 1/2 Tage lang mit Rinde gefüttert. Erst danach konnte der Bauer davon ausgehen, dass der Meiler ordentlich arbeiten konnte.
Für diesen Tag hatten die Männer ihre Arbeit erledigt. Zufrieden standen sie um den Meiler und beobachteten ihr Werk. Der Bauer erzählte mir dabei, dass der Meiler sie schon öfter in Schwierigkeiten gebracht hatte: Er war schon in sich zusammengestürzt oder hatte überhaupt nicht gebrannt. Das Holz hatte auch schon lichterloh gebrannt. Das war eine Aufregung! Ganz schnell musste jeder, der in der Nähe war, beim Löschen helfen. Wenn das passierte, gab es keine Holzkohle. Die ganze Arbeit musste von vorne angefangen werden. Ich fragte ihn noch, wie lange der Meiler nun brennen müsse. Er meinte, so in sechs Tagen könne er abgeräumt
werden.
Dann machte ich mich auf den Heimweg. Ich wollte natürlich auch beim Abräumen dabei sein.
Nach einer Woche fuhr ich wieder nach Furth. Schon von weitem sah ich viele Helfer um den Meiler stehen. Sie warteten darauf, dass die Holzkohlen eingesammelt werden konnten. Der Bauer schaufelte gerade die schwarze Erde weg. Danach lagen die fettigen Holzkohlen offen und noch rauchend da. Die Helfer rechten die Holzkuppel auseinander und löschten, wenn noch Flammen züngelten. Es dauerte noch eine Stunde, bis die Kohlen abgekühlt waren und aufgesammelt werden konnten. Diese Pause benutzte die Bäuerin, eine deftige Brotzeit herzurichten. Ich durfte auch mitessen. Frisch gestärkt ging es dann an die Arbeit. Alle Helfer sammelten die Kohlen in große Eimer. Der Bauer kippte die vollen Eimer in Säcke. Ich ließ mir auch einen Eimer geben und half eine Zeit lang mit.
Bald waren wir alle schwarz wie Schlotfeger. Gesicht und Hände sowieso. Aber auch unsere Kleidung war bald nur noch schwarz. Nach einigen Stunden hatten wir alle Holzkohlen sauber aufgesammelt und in die Säcke verpackt. Der Platz wurde nun noch ordentlich aufgeräumt und die Holzkohlen und alle Geräte auf einen Wagen geladen.
Schon wollte ich mich von den Köhlern verabschieden, aber das ließ die Bäuerin nicht zu. Sie hatte am Hof auf einem Freisitz den Kaffeetisch gedeckt und mich mit eingeplant. "Einfach drücken kannst du dich aber nicht", sagte schmunzelnd der Bauer, "jetzt musst du uns auch beim Kuchenvertilgen helfen. Und überhaupt, mit so einer schwarzen Nase lassen sie dich nicht ins Dorf." Alle lachten mich aus.
Weitere Bilder zu dieser Geschichte finden Sie in der Bildergalerie
zur Geschichte von Hans Volkert
und Informationen zu den Köhlerfreunden Furth finden sie in deren Internetauftritt: http://www.further-koehlerfreunde.de/
Schwanstetten im Mai 2014
Alfred J. Köhl