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Ortsteil Schwand

Rednitzhembacher Straße 5:

Nord-Ost Ansicht

Bauernhaus, erdgeschossiger Satteldachbau, Sandsteinquader-Giebel mit Aufsätzen, bezogen 1769. (Fl. Nr. 106)

Hausname: „Traumüller" nach dem Familiennamen des einstigen Besitzers.

Situation: Das repräsentativ angelegte, erdgeschossige Bauernhaus mit steilem Satteldach steht giebelständig nach Norden zur Straße. Rückwärtig befindet sich der Rest einer eingestürzten Scheune mit Keller im heute deutlich verkleinerten Hofraum. Das Haus, dessen Fassadenflucht auf die Straßenbebauung abgestimmt ist, nimmt mit seinen dekorativen und durchdachten Schmuckformen eine besondere Stellung in der Architektur der Umgebung ein, da sich dort kein vergleichbar aufwendig gestaltetes Bauernhaus findet. Es ist daher ein unverzichtbares Denkmal im architektonischen, sozialhistorischen und städtebaulichen Sinn.

 

Datierung: HaustürinschriftDie Datierung der Erbauungszeit nach dem Haustürsturz "17 IHD 69" richtet sich nach dem Phänotyp der Fassade. Allerdings gibt es Anzeichen für ein höheres Alter des Gebäudekerns: Die Fachwerkverbände im Flur des Erdgeschosses (EG) mit ihrer betonten Vertikalausrichtung und ihrer Stabilisierung durch die Ausmauerung der Gefache (statt durch Riegel) sowie ihre fachwerksichtige Erstfassung legen eine Datierung gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts (nach der Wiederaufbauphase des 30jährigen Krieges) nahe. Darüber hinaus finden sich weitere Kennzeichen dieser frühen Ausführung: Die Anschlüsse des Fachwerks zur Fassade sind deutlich für die Fassadenveränderung gestört worden, wie auch ein restlicher Rähmbalken mit unterseitigen Zapfschlitzen andeutet, daß einst auch die Seitenwände als Fachwerk ausgeführt waren.

 

Kataster von 1821

Geschichtliches: Auf dem Urkataster von 1821 ist das Gebäude in der ehemaligen Schmalzgasse mit der Haus Nummer 63 eingetragen (mit Nr. 5 gekennzeichnet). Bereits das Katasterblatt von 1844 zeigt aber zwei Zufahrten, links und rechts vom Haus, zum rückwärtigen Hof hin. Dort stand eine Scheune auf quadratischem Grundriß, die durch einen schmalen Anbau 1892 nach Westen verlängert wurde. Im selben Jahr wurde erstmals ein Teil des Grundstücks an die dahinterliegende Flur Nr. 108 abgegeben. Die damaligen Bewohner mit Namen Traumüller waren Eigentümer und Betreiber der "Unteren Mühle". Die Speicherform verrät, dass der Hof auf den ehemals ortsüblichen Tabak- und Hopfenanbau ausgelegt war.
 

Baugeschichte (nach Befund und Augenschein): wohl in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts (Jh.) mit Fachwerkaußenwänden, -giebeln und -kammer im 1. (Dachgeschoss) DG erbaut. 1769 erfolgte die Ausführung der Fassade und der Traufseiten; weiterhin eine Teilung der Kammer im 1. DG zu zwei Räumen. Gegen Ende des 19. Jh. wurde das Gebäude rückwärtig um ca. 1/5 verlängert (Zu erkennen an der Dachkonstruktion, den Ziegelverbänden sowie der Schablonenmalerei); Die Innenraumwände wurden durch eine Vormauerungen begradigt. Im 20. Jahrhundert wurden weitere Wände verkleidet, und der Abort an der Westseite aufgemauert; stellenweise wurden Fachwerkwände herausgenommen und Türen zugemauert. 1995 wurde das Haus grundlegend saniert.
Strassengiebel

Beschreibung: Das Haus steht auf einem längsrechteckigen Grundriss und wird giebelseitig von Norden her über eine nach links verlagerte Haustür erschlossen.
Außen: Die Fassade ist repräsentativ angelegt. Sie ist insgesamt aus grauem, rötlich geädertem Sandstein und erhebt sich über einem etwa 0,5 Meter hohen Sockel. Die Geschosse sind durch Sohlgesimse akzentuiert, die den Ortgang durchbrechen und in einer Konsole mit Kugelaufsatz enden. Die Gliederung folgt dem traditionellen Schema. Links neben der Haustüre erkennt man ein Kammerfenster. Rechts von ihr befindet sich eine zweifenstrige Stube. Die Fenstergröße und die Architektur legen Kreuzstockfenster mit Schlagläden nahe. Die Sandsteinfensterbänke sind profiliert. Die Traufseiten sind erheblich gestört. Die Fenstergröße ist vereinheitlicht, so daß man die Innenraumgliederung nicht nachvollziehen kann. Dasselbe gilt für den rückwärtigen, jungen Backsteingiebel, der eine Zutat der vorletzten Jahrhundertwende ist. Auf dem Dach sind junge Schleppgauben, deren Größe ihre junge Entstehung zeigt, bis auf die langgestreckten ehemaligen Lüftungsgauben im 2. DG auf der Ostseite.
Innen: Das Innere wird über einen linksgelagerten Flur erschlossen, der dem Wohnbereich, rechts, einen größeren Raum läßt und in einen rückwärtigen Ausgang zum Hof mündet. Die Innenraumgliederung folgt der Tradition des Wohnstalls, allerdings ist hier kein inwendiger Stall nachweisbar. Dieser befand sich im EG der ehemals barocken Scheune. Traditionsgemäß folgt auf die Stube die Küche. Beide Räume sind untereinander verbunden. Die Stube ist durch eine Bohlen-Balkendecke ausgezeichnet. In der wohl ehemals schmalen Küche dürfte sich ursprünglich ein Gewölbe mit "dt. Kamin" befunden haben. An die Küche schließt rückwärtig eine weitere Kammer an.
Auf der linken Traufseite befindet sich fassadenseitig eine Kammer. Auf sie folgt ein Raum, der wohl eine weitere Kammer mit nachfolgender ehemaliger Speis ist. Die heutige rückwärtige, flach gewölbte Speis ist ein Werk der vorletzten Jahrhundertwende.
Die Erschließung des DG erfolgte wohl ehemals über eine einfache gerade, einläufige, eingestemmte Holztreppe. Interessant ist die schon barocke Kammeraufteilung im OG, die selten geworden ist. Das rückwärtige DG diente wohl als Getreidespeicher. Im 2. DG wurde Hopfen und/ oder Tabak getrocknet.
Ausstattungsdetails: Bohlen-Balkendecken in Stube und Kammer im DG. Viele Fassungsreste dokumentieren den historischen Werdegang des Gebäudes. Vor der Fassade steht eine steinerne Bank, glatt geschnitten.


Konstruktion:

HaustüreAufgehendes Außenmauerwerk und Giebel: vermutlich ursprünglich Fachwerk; ab 1769 komplett durch Sandstein ersetzt. Ca. 1900 wurde die rückwärtige Erweiterung mit dem Giebel aus Backstein aufgeführt; dazwischen erkennt man jüngere Störungen aus Kunststein, die für geänderte Fenstersituationen in diesem Bereich sprechen.
Innenwände: Ursprünglich Fachwerk; z. T. durch jüngere Ziegelmauern ersetzt. Die Fachwerkfelder sind vertikal betont. Die Riegel setzen ungewöhnlich hoch an. Die Felder werden durch die massive Ausmauerung mit Bruchstein stabilisiert; die kräftigen Konstruktionshölzer sind gebeilt, verzapft und durch quadratische Holznägel gesichert.
Die Böden im Flur, in Speis und Küche bestanden ursprünglich aus Kalksteinplatten (Solnhofener Kalk / Juramarmor); die übrigen Zimmer hatten wohl Dielen- oder später Riemenböden.
Die frontseitigen Geschossdecken des DG zeigen eine ältere Bohlenbalkendecke. Die übrige Deckenbildung erfolgte durch Fehlböden oder, wie in Küche und Speis, durch Gewölbe. Im DG durchgängig Dielen- bzw. Riemenböden.
Dachstuhl: zweigeschossiger, zweifach stehender Kehlbalkenstuhl, dessen gebeiltes Gebälk durch Holznägel gesichert ist. Die Hahnenbalkenlage ist für die Wohnnutzung des 2. DG nach oben versetzt worden; leere Zapflöcher dokumentieren den alten Zustand. Das Dach ist mit Strangfalzziegeln doppelt gedeckt.
 


Nutzung: Das Haus wird als Wohnhaus genutzt.
 


Quelle und Literatur:
Denkmalkartierung der Marktgemeinde Schwanstetten von 1995, Autor M.A. Hermann Schubach.
Denkmäler in Bayern, Bd. 5 - Mittelfr., hrsg. Michael Petzet, München 1986, S. 476
Befunduntersuchung: Juli 1994 von Restaurator Wiech

Schwanstetten, im Februar 2012, ergänzt im September 2016

Alfred J. Köhl

Nord-West Ansicht

Bilder von Peter Saalfelder aus den Jahren 1981


und aus dem Jahr 1990



Weitergehende Literatur finden sie hier: